Die Angst vor dem Klinikaufenthalt

Seit fünf Jahren ist der 17. September Welttag der Patentensicherheit und damit einer der prominenten globalen Gesundheitstage der World Health Organization (WHO). Der besondere Tag lenkt die Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema, denn ein nachhaltiges Gefühl von Sicherheit, wenn es um Behandlung oder Aufenthalt im Krankenhaus geht, ist für Patientinnen und Patienten relevant: „Jeder Patient, der ins Krankenhaus muss, ist auch immer verunsichert“, kennt Martin von Hummel, Geschäftsführer der ATOS Gruppe, die Herausforderung.

Ängste nehmen im Vergleich zu den Vorjahren sogar weiter zu, so das Ergebnis einer aktuellen, bundesweiten forsa-Umfrage, die im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse anlässlich des Tags der Patientensicherheit durchgeführt wurde. Mehr als ein Viertel der über eintausend Befragten im Alter von 18 bis 70 Jahren hat demnach Angst vor Behandlungen im Krankenhaus. Nur im ersten Jahr der forsa-Messung – vor der Pandemie – lag der Wert noch höher; mit Beginn der Corona-Krise (2020) sank der Anteil der Besorgten zunächst deutlich auf nur noch 17 Prozent. Entsprechend war das Vertrauen in das medizinische Personal in Bezug auf eine stationäre Behandlung im Corona-Jahr 2020 am höchsten. In diesem Jahr sind es noch 72 Prozent, die angeben, dass sie bei einem bevorstehenden Krankenhausaufenthalt den behandelnden Ärztinnen und Ärzten vertrauen würden.

„Die Entwicklung zeigt, dass Menschen während der Corona-Jahre deutlich mehr Vertrauen in die Krankenhauslandschaft hatten. Gründe dafür könnten ein bewussterer Umgang mit den knappen Ressourcen oder auch strengere Sicherheitsvorkehrungen in dieser Zeit gewesen sein. Sicherlich spielten auch die Bedeutung und die gestiegene Anerkennung von medizinischem Personal eine Rolle“, erklärt Dr. Sonja Hermeneit, Ärztin bei der KKH Kaufmännische Krankenkasse.

Auch Verunsicherung sorgt für Angst

Begründet werden bestehende Ängste mit bereits gemachten, schlechten Erfahrungen (51 Prozent) oder damit, Schlechtes über die Behandlung im Krankenhaus gehört zu haben (46 Prozent). Am größten ist dabei die Angst vor einer Infektion mit einem Krankenhauskeim, gefolgt von der Befürchtung, eine Behandlung zu erhalten, die geringen Qualitätsstandards entspricht – verbunden mit Behandlungsfehlern, erfolglosen Therapien oder dem Erleiden von Schmerzen.

Eine schwangere Patienten unterhält sich mit Ihrer Ärztin. Sie blickt sehr ernst.

Auch die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen zum Reformbedarf der Kliniklandschaft scheinen für vermehrte Verunsicherung in der Bevölkerung zu sorgen. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die politische Debatte um Qualitätsmerkmale in der Krankenhauslandschaft bei den Menschen angekommen ist“, bewertet Dr. Sonja Hermeneit den hohen Zustimmungswert zur Notwendigkeit einer Krankenhausreform (84 Prozent), von der eine Verbesserung der Versorgungs- und Behandlungsqualität erwartet wird. „Fachkräftemangel und die Notwendigkeit einer Krankenhausreform werden vielfach diskutiert, das ist auch in der Gesellschaft angekommen und möglicherweise ein Grund für das sinkende Vertrauen in deutsche Kliniken.“

Aufklärung als Gegenpol

Angst entsteht häufig aus dem Gefühl heraus, den Überblick über eine Situation zu verlieren oder einen Kontrollverlust zu erleiden. „Die Zunahme der Verunsicherung hat viele Gründe“, erklärt Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz. „Der immer undurchsichtiger werdende Klinikdschungel verstärkt bei den Kranken das Gefühl, fremdgesteuert und ausgeliefert zu sein.“

Gesundheitsversorger müssen diese Ängste jedoch angehen und sind dazu aufgerufen, aktiv an der Verbesserung der Patientenwahrnehmung zu arbeiten. Knapp jeder zweite Befragte hatte schon einmal das Gefühl, dass zunächst eine falsche Diagnose für ein medizinisches Problem gestellt wurde. Die häufigste Reaktion ist dann das Einholen einer zweiten Arztmeinung (87 Prozent). Generell hilft der Dialog mit den Patienten – beispielsweise Behandlungsmöglichkeiten gemeinsam abzuwägen –, um diesen eine bewusste Entscheidung zu ermöglichen. „Informationen können Ängste reduzieren. Im Krankenhaus selbst ist unter Umständen wenig Zeit für eine geeignete Aufklärung, deshalb sollte so früh wie möglich damit angefangen werden“, unterstreicht Jürgen Hoyer, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Technischen Universität Dresden. Auf diese Weise können sich Patientinnen und Patienten vertrauensvoll in die Hände des medizinischen Personals begeben.

Auch während des Aufenthalts können beide Seiten mit Aufmerksamkeit für Sicherheit sorgen: „Wer mit falschem Namen angesprochen wird oder andere Tabletten als am Vortag erhält, sollte immer darauf hinweisen“, blickt Dr. Sonja Hermeneit auf vermeidbare Kleinigkeiten, die sich zu unerwünschten Ereignissen entwickeln können. „Es ist außerdem hilfreich, die eigenen Ängste anzusprechen. Wenn der Arzt ahnungslos ist, wo der Schuh drückt, hat er kaum eine Chance dem Patienten entgegenzukommen oder unbegründete Befürchtungen auszuräumen“, so Professor Hoyer, denn verschiedene Aspekte eines Krankenhauses tragen durchaus zur Angstverstärkung bei. Neben räumlichen Gegebenheiten sind das ein hohes Maß an Technik, das Erleben von Leid und Tod sowie eben mangelnde Kommunikation und soziale Distanz.