Das Krankenhaus der Zukunft

Die Aufgabenstellung an Krankenhäuser ist klar formuliert: die stationäre Versorgung flächendeckend und in hoher Qualität sicherstellen. Ein stationärer Aufenthalt ist notwendig, wenn Leistungen nur von entsprechenden Spezialisten und dem erforderlichen medizinischen Gerät erbracht werden können. Neben der Sorge für das Patientenwohl müssen Krankenhäuser auch als Wirtschaftsunternehmen agieren. Erst dann wird die Versorgung dauerhaft sichergestellt. Die Ausgangs- und Aufbruchssituationen dieser Transformation hin zum Krankenhaus der Zukunft sind individuell, ebenso die heute bereits erreichten Meilensteine.

Für Versorger geht es neben Erlössicherung um bestmögliche Versorgung, Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit und damit einhergehend um optimale Prozesse. Die Politik gibt auch hier einen Rahmen vor und definiert Digitalisierung und Vernetzung als Grundlagen des Strukturwandels. Technologie und Innovationen werden zur Antwort auf die drängenden Herausforderungen im Gesundheitswesen erklärt. Lösungsanbieter und Versorger arbeiten über die reine Beschaffung technologischer Fortschritte hinaus gemeinsam am erfolgreichen Veränderungsprozess.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die angestoßenen Digitalisierungsprojekte ihre Zielsetzungen erreichen. Die planvolle Vernetzung innerhalb des Gesundheitswesens nimmt zugunsten einer besseren Patientenversorgung immer weiter zu und ein mittel- bis langfristiges Zielbild der Versorgerlandschaft zeichnet sich in Umrissen bereits scharf ab. Gleichzeitig können hauseigene IT-Strategien aufbauend auf bereits gemachten Erfahrungen sukzessive überarbeitet werden – auch auf den Erfahrungen anderer Versorger, denn Klinikverantwortliche stehen in unterschiedlichen Netzwerken in gefördertem Austausch.

Aus der Partnerschaft mit Krankenhäusern und dem gemeinsam zurückgelegten Weg durch Veränderungen lassen sich Indikatoren zur Operationalisierung und Formulierung verschieden weitgreifender Zukunftsszenarien ableiten. Im Detail sind das:

  1. der Grad der erfolgten Digitalisierung im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes,
  2. die wirtschaftliche und finanzielle Gesundheit der Versorger,
  3. der Umgang mit Ressourcen und der Stand der Prozessoptimierungen im Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen,
  4. die Verfügbarkeit von Fachkräften basierend auf der Attraktivität als Arbeitgeber sowie
  5. die Qualität der Patientenversorgung und der Grad der Patientenzufriedenheit.

Die nächsten fünf Jahre: Perspektive 2029

Das Krankenhauszukunftsgesetz hat sich durch die erfolgten Anpassungen der Fristsetzungen von einer kurzfristigen und rückblickend unrealistisch ausgeplanten Kraftanstrengung zu einer längerfristigen, begleitenden Strukturmaßnahme entwickelt. Stand heute scheint eine gute Balance zwischen Machbarkeit (unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen auf Krankenhaus- wie Anbieterseite) und Erfolgsaussichten (durch Zeit für Maßnahmenverzahnung, Iterations- und Lernprozesse) gefunden. In den nächsten fünf Jahren wird sich die Kliniklandschaft durch das Zukunftsgesetz schrittweise weiterentwickeln.

Ein Arzt ließt Akten, während er den Gang in der Klinik entlangläuft.

Versorger konzentrieren ihre Entwicklungsressourcen zunächst sowohl auf einfach umzusetzende Projekte als auch auf die Fördertatbestände, die das Fundament des Gesamtgebildes Krankenhaus der Zukunft bilden. Die Digitalisierung wird dadurch erlebbar, die Vernetzung schreitet signifikant voran und die Patientenversorgung verbessert sich. In der Innensicht bedeutet das erste Erfolge bei der Optimierung eigener Abläufe, da Digitalisierung im Zukunftsgesetz als ein Neudenken von Prozessen ausgelegt ist. Damit gehen eine verbesserte Wirtschaftlichkeit und das Erschließen neuer Erlösmöglichkeiten einher. Durch einen intensiven Austausch und das Teilen erfolgreicher Digitalisierungskonzepte findet ein gemeinschaftliches Lernen über das gesamte Gesundheitswesen hinweg statt.

Die Verbesserungen werden auch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommen. Aufgrund des Fachkräftemangels im patientennahen und aufgrund der intensiven Wettbewerbssituation in gesundheitsfernen Fachbereichen besteht hoher Handlungsdruck. Die Rahmenbedingungen entwickeln sich jedoch positiv: Durch weniger Administration wird die Arbeit am Menschen, die Berufe im Gesundheitswesen auszeichnet, wieder stärker betont. Bestehende Fachkräfte lassen sich besser einsetzen und länger binden. New-Work-Arbeitsmodelle bieten darüber hinaus Chancen auf die Reaktivierung von Ressourcen – durch mehr Teilzeit- und Telearbeit – und machen Krankenhäuser auch im HR-Bereich wettbewerbsfähig.

Für Patienten werden die nächsten fünf Jahre wenige Überraschungen bieten, dazu sind Krankenhäuser im Vergleich zu anderen erlebten Ökosystemen in ihren Digitalisierungsbemühungen noch zu weit abgeschlagen. Schon heute erschließen sich bezogen auf Mobilität, Hospitalität, Gesundheit und Freizeitgestaltung eine unüberschaubare Vielzahl an Möglichkeiten zu Interaktion und Selbstoptimierung. Die daraus resultierende und teilweise wenig realistische Erwartungshaltung gegenüber dem Gesundheitssystem gilt es zunächst in Basisthemen zu erfüllen. Andererseits steigt die tatsächliche Behandlungsqualität unabhängig von der Wahrnehmung der Patienten deutlich an.

Perspektive 2035: die Wirksamkeit des KHZG

Die Mitte der kommenden Dekade stellt den Scheitelpunkt gegenwärtiger Entwicklungen des Gesundheitssystems dar: Die Impulse des Zukunftsgesetzes haben ihre Energie verbraucht, der Horizont des konkret Vorhersehbaren ist überschritten. Grundlegende Strukturen der Gegenwart sind noch erkennbar, neue Technologien und Lösungen halten mit ihren Vorteilen Einzug.

Das Fortschreiben der alternden Gesellschaftspyramide sorgt für eine hohe Auslastung der Kliniklandschaft. Im Netzwerk der Krankenhäuser finden heute Änderungen statt, die sich auch in zehn Jahren auf die Patientenversorgung auswirken werden. Die Krankenhausreform leitet einen Strukturwandel ein, der Einrichtungen zukunftsfähig machen und den Wunsch der Patienten nach exzellenter, moderner Behandlung möglich und bezahlbar werden lassen soll. Exzellenz wird gestärkt und die Versorgung auch in der Fläche sichergestellt – gleichzeitig findet eine Bereinigung der Versorgerlandschaft aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit statt, die zum Katalysator für das Gelingen der Transformation hin zum Krankenhaus der Zukunft wird. Flächendeckung wird auch dadurch erreicht, dass Krankenhäuser sich zwar sowohl als physische Orte verstehen, aber eben auch als vernetztes System mit Verlängerungen bis in den Lebensraum der Patienten.

Ebenfalls bereinigt haben wird sich die Anbieterseite. Die aktuelle Förderlandschaft strahlte über die letzten Jahre eine hohe Attraktivität auf bewährte wie neue Marktteilnehmer aus. Risikokapitalisierte Unternehmen drängen auch in den klinischen Sektor, die Vergabeverfahren der Fördertatbestände aber zeigen Marktanteile, die sich festigen. Marktbreite steht für Wettbewerb und gleichzeitig für Ausfallrisiken; die Turbulenzen um die Abkündigung eines weitverbreiteten KIS-Systems zeigen, dass selbst Konzernstrukturen nur bedingt Kontinuität garantieren. So wird die Konsolidierung in den Umsetzungsjahren 2025 bis 2027 zu ungeplanten Verzögerungen und Wiedereröffnungen von Vergabeverfahren führen.

Greifen die Reformbemühungen, wandelt sich der Umgang mit dem Fachkräftemangel: Die Attraktivität der Arbeit rückt in den Mittelpunkt, administrative Unbill ist größtenteils verdrängt. Eine nachhaltige Trennung von Gesundheits- und Administrationsaufgaben findet statt. Erstere werden von Ärzten und Pflegepersonal wahrgenommen, letztere werden von Administrationskräften oder eigenständig von Systemen ausgeführt. Heute ist die Arbeit im Gesundheitswesen körperlich und mental herausfordernd, was der Qualität der Patientenversorgung abträglich ist. Durch bessere Prozesse im Krankenhaus werden bessere Arbeitsbedingungen erreicht – zeitlich und inhaltlich. Die Arbeitsatmosphäre und das Wohlbefinden der Mitarbeiter rücken in den Mittelpunkt und wirken sich auf die Qualität der Arbeit aus. Fachkräfte und ihr Wissen bleiben der Branche deshalb treu.

Ein Arzt schiebt rennend ein Patientenbett durch das Krankenhaus.

Die Erlössituation der Krankenhäuser wird sich in den Jahren bis 2035 sehr unterschiedlich entwickeln, je nach Erfolg der hauseigenen Strategie. Heben die Innovationen der 20er Jahre Prozess- und Erlöspotenziale, können Krankenhäuser weiteren Entwicklungen, und auch dem Betrieb eingeführter Systeme, finanziell gesund gegenübertreten. Fehlt es Stand heute an Weitblick und an finanziellen Mitteln, um alle Projekte zu einem funktionierenden System zu verzahnen, werden Investitionen in neue Technologien der 30er Jahre deutlich erschwert. Das Krankenhaus der Zukunft muss sein Fundament heute finden, um morgen frei agieren zu können.

Aus Sicht der Patienten sind auf Endverbraucher ausgerichtete Entwicklungen dem Gesundheitswesen auch in den nächsten zehn bis zwölf Jahren weiterhin deutlich voraus. Vielleicht holt die Kliniklandschaft auf und zieht in einzelnen Themen gleich, ein Vorbeiziehen aber scheint unmöglich. Es bleibt dabei, dass Patienten dem Krankenhaus ihre Erwartungshaltung überstülpen, was Digitalisierungs- und Serviceangebote angeht. Menschen wollen ernstgenommen und gut behandelt werden, auch als Patienten. Möglicherweise reagieren sie stärker auf Angebotstransparenz, hoffentlich übernehmen sie mehr Verantwortung für die eigene Gesundheit. Drastisch ändern wird sich die Bereitschaft, neue Angebote tatsächlich zu nutzen: 2035 haben alle Menschen den größten Teil ihres Lebens im Internet-Zeitalter verbracht; Hürden und Kontaktscheu sollten überwunden sein. Der Patient hat die Chance, in den Mittelpunkt seiner eigenen Behandlung zu rücken.

Kompetenzen einer erfolgreichen Transformation

Wörtlich bedeutet Digitalisierung die Verwendung von Daten und Systemen für neue oder verbesserte Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle. Digitalisierung ist das Vehikel eines Veränderungsprozesses auf Organisations- und Mitarbeiterebene. In der Führungsspitze ist die notwendige Digitalisierungskompetenz heute vorhanden oder leicht zu erreichen. Die Übertragung der Kompetenzen auf diejenigen, die Veränderungen umsetzen, und diejenigen, die unter den veränderten Gegebenheiten arbeiten werden, fällt im Gesundheitswesen schwer. Organisationen können nur gemeinsam mit den Menschen erfolgreich transformiert werden. Wird mangelhaft kommuniziert und umgesetzt, kommt es leicht zu Blockadehaltungen bis hin zur Verweigerung, neue digitale Systeme und Lösungen zu nutzen. Ungenutzt sorgen diese dann für Unzufriedenheit aufgrund des Mehraufwands. Hilfreich sind eine gemeinsame Vision und eine genaue Beschreibung des Weges.

Krankenhäuser bekommen bei dieser Aufgabe Hilfe: Lösungsanbieter sind gleichzeitig Digitalisierungspartner und begleiten auf dem Weg zum Krankenhaus der Zukunft. Fehlen dem Krankenhaus benötigte Kompetenzen, beispielsweise weil entsprechende personelle Ressourcen im Bereich des Projektmanagements, der Digitalisierungsstrategie oder der Unternehmensentwicklung nur bedingt vorhanden sind, fällt diese Rolle dem Partner zu.

Anbieter müssen daher für eine erfolgreiche Implementierung sowohl die eigenen als auch fremde Produkte kennen und auf Gegebenheiten adaptieren können sowie allgemeine Kenntnisse über den klinischen Bereich und den Umgang mit Patienten mitbringen, ebenso Erfahrungen in Change- und Transformationsprozessen und entsprechende praktische Umsetzungs- und Einführungskompetenz.

Gerade in der Umsetzung der aktuellen KHZG-Förderlandschaft mit ihren vielfach verzahnten Systemforderungen entlang der Patient Journey sind diese Kompetenzen gefragt und sollten bei der Auswahl des richtigen Partners Berücksichtigung finden.