Bereits seit 2009 wird in der Schweiz im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) das Swiss eHealth-Barometer des Swiss eHealth Forums in Zusammenarbeit mit gfs.bern erhoben. Im Zeitraum November 2024 bis Januar 2025 wurden für die jüngste Veröffentlichung zwei Zielgruppen – sowohl Gesundheitsfachpersonen und Akteure des Gesundheitswesens als auch die Wohnbevölkerung – in der gesamten Schweiz befragt. Das Ergebnis ist ein repräsentativer Blick auf den erreichten Digitalisierungsstand und aktuelle Initiativen. Dazu gehören unter anderem das elektronische Patientendossier (EPD), mit dessen Vorbereitung, Verbreitung und Nutzung sich Legislative und Gesundheitswesen seit Mitte des letzten Jahrzehnts intensiv auseinandersetzen, und die elektronische Krankengeschichte (eKG), jene Daten und Dokumente, die zum Beispiel bei einem Besuch beim Arzt von diesem im eigenen Praxissystem abgelegt werden.
Potenziale und Herausforderungen
Die befragten Schweizer Einwohner erkennen das Potenzial der Digitalisierung, erleben digitale Angebote als zunehmend alltagstaugliche Unterstützung der eigenen Gesundheit und erwarten sich von ihnen eine verbesserte Versorgungsqualität. Die zunehmende Digitalisierung wird von etwas mehr als der Hälfte der potenziellen Patienten als eher gute bis sehr gute Sache beschrieben – hinsichtlich des Fortschritts der Digitalisierung besteht jedoch ein Vorbehalt: Lediglich rund ein Viertel der Befragten findet, dass sie im Gesundheitswesen eher bis sehr weit fortgeschritten sei (26 %).
In der Digitalisierung liegen neue Chancen, gleichzeitig birgt sie Unsicherheiten. Der Wunsch nach praxistauglichen Lösungen nimmt weiter zu, beispielsweise begrüßt eine Mehrheit den elektronischen Austausch von Gesundheitsdaten zwischen behandelnden Gesundheitsfachpersonen (59 %). Für den Erfolg der Digitalisierung des Gesundheitswesens ist ein Gefühl der Sicherheit im Umgang mit den neuen Lösungen notwendig. In gewissen Bereichen ist diese Sicherheit bereits bei einer Mehrheit vorhanden (Online-Terminvereinbarungen), in anderen fehlt sie bislang (Telemedizin, EPD). Um die Unsicherheiten zu überwinden, bedarf es sicherer Technologien, starker Vertrauenspersonen und eines Fokus auf die effektive Alltagsnutzung.

Aufklärung bei digitalen Angeboten
Das eHealth-Barometer zeigt, dass das Schweizer Bewusstsein für spezialisierte digitale Gesundheitslösungen noch ausbaufähig ist. Um die Nutzung und Akzeptanz digitaler Gesundheitsangebote zu steigern, besteht weiterhin Aufklärungsbedarf. Ist ein Angebot den Befragten aber bekannt, dann geben mehr als drei Viertel an, es bereits zu nutzen oder eine zukünftige Nutzung in Betracht zu ziehen: Notruf- und Fitness-Applikationen sind die meistgenutzten elektronischen Gesundheitsangebote (im Bereich von 90 Prozent), während nur ein Drittel der Befragten das EPD kennt und weniger als einem Fünftel Angebote wie etwa Applikationen mit Erinnerung an die Medikamenteneinnahme (19 %), eine Online-Speicherung der Patientenverfügung (14 %), Applikationen mit Erinnerungsfunktion für Impfungen (10 %) sowie Applikationen zur Erkennung von Krankheiten und Allergien (9 %) geläufig sind.
Im Zentrum der aktuellen Erhebung stand das Elektronische Patientendossier (EPD); eine Mehrheit der Schweizer empfindet das EPD als gute Sache (55 %). Allerdings ist über die Jahre die Gruppe der Unterstützer kleiner geworden. Ein Aspekt steht bei der Nutzung im Vordergrund: Im Notfall sind alle wichtigen Informationen jederzeit verfügbar. Auch weitere Vorteile werden mehrheitlich erkannt: jederzeit Zugriff auf ihre Behandlungsinformationen, Vermeidung unnötiger Abklärungen und Behandlungen, Reduzierung von Behandlungsfehlern und eine Steigerung der Behandlungsqualität. Dennoch besteht eine anhaltende Skepsis gegenüber dem Patientendossier – neben der Gefahr eines möglichen Datenmissbrauchs geht diese auch auf die Frage zurück, ob das Gesundheitspersonal Informationen auch ohne EPD effizient austauschen könnte und wie sehr der persönliche Kontakt während der Behandlung durch eine parallele Dateneingabe beeinträchtigt wird.
Vertrauen und Alltagstauglichkeit sind entscheidend
Für eine erfolgreiche digitale Transformation ist entscheidend, dass Neuerungen tatsächlich unmittelbar helfen und die Qualität der Versorgung spürbar verbessern. Um die Attraktivität des EPD zu steigern, könnten verschiedene zusätzliche Funktionen implementiert werden. Besonders geschätzt würden praktische und alltagstaugliche Erweiterungen: Erinnerungen an auslaufende Rezepte, an Impfauffrischungen oder die Einnahme von Medikamenten sowie ein automatischer Check gegen Medikamentenunverträglichkeiten und allgemeine Unterstützung bei der Terminorganisation.
Nach wie vor legt die Schweizer Bevölkerung jedoch einen großen Wert auf analoge Alternativen: Eine klare Mehrheit spricht sich für einen uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen auch ohne digitale Geräte aus. Das zeigt sich in der Unterstützung analoger Ergänzungen zu digitalen Lösungen, etwa durch telefonische Hotlines, persönliche Beratungsangebote oder klassische Papierdokumente.
Vertrauen in die Akteure im Gesundheitswesen ist ganz entscheidend: 83 Prozent der Bevölkerung würden behandelnden Ärzten uneingeschränkten Einblick in persönliche Gesundheitsdaten geben. Andere Akteure wie Apotheker und weitere Gesundheitsfachpersonen erhalten oft nur eingeschränkten Zugang, und Krankenkassen, Forschungseinrichtungen und private Unternehmen genießen nur wenig Vertrauen. Es zeigt sich: Zwar auch die Technik, aber zusätzlich und besonders das Vertrauen in die Personen ist der entscheidende Faktor für die Akzeptanz der Digitalisierung.
Digitale Grundlagen und sektorübergreifende Vernetzung
Empfundene Relevanz sorgt auch bei den professionellen Akteuren im Gesundheitswesen für Akzeptanz. Bestes Beispiel ist die elektronische Krankengeschichte (eKG), die von 80 Prozent vollständig (weitere 13 Prozent teilweise) digital geführt und sogar von einem Prozent als mehr als sehr zufriedenstellen bewertet wird. Die notwendige digitale Grundlage – ein elektronisches System zur Speicherung und Verwaltung von Gesundheitsdaten – ist noch deutlich weiter verbreitet; nahezu alle Krankenhäuser und knapp 90 Prozent der dort tätigen Ärzte sowie 87 Prozent der Niedergelassenen nutzen entsprechende Lösungen. Zusätzlich zu allen erreichten Fortschritten wird das weiterhin bestehende Potenzial für Verbesserungen dank eHealth nach wie vor anerkannt – mit über die Jahre stabil hohen Erwartungen in Krankenhäusern und einer gleichbleibend mittleren Erwartungshaltung in Praxen.
Eine Möglichkeit, um solche Potenziale zu heben, ist die Vernetzung über das eigene Ökosystem hinaus. Allerdings wird die digitale Vernetzung innerhalb der eigenen Institution deutlich besser bewertet als die externe Vernetzung mit anderen Gesundheitsfachpersonen und Institutionen; die übergreifende Vernetzung wird als Herausforderung gesehen. Am besten schneidet die Bewertung der Schnittstellen zu Spezialisten, Hausärzten und Akutkliniken ab. Deutlich schlechter ist der Austausch mit Nachversorgern wie Reha-Kliniken, therapeutischen Gruppen oder Alters- und Pflegeheimen. Hier sind die Bewertungen schwach. Generell besteht bei sektorübergreifenden Schnittstellen das meiste Optimierungspotenzial.

Ernüchterung in der Anwendung
Mit der Einführung des EPD waren Erwartungen an eine Verbesserung hinsichtlich der koordinierten Versorgung in der Schweiz verbunden. Die anfängliche Zuversicht hat sich mittlerweile jedoch mehrheitlich verflüchtigt: Insbesondere die Bewertungen der Ärzte in Krankenhäusern fällt sehr zurückhaltend aus (nur 35 Prozent finden das Dossier eher bis sehr hilfreich). Die Skepsis in der praktischen Anwendung bleibt groß, die Nutzung auf niedrigem Niveau (16 Prozent der Ärzteschaft geben an, das EPD zu nutzen) und maßgeblich durch gesetzliche Vorgaben geprägt – nur jeder Dritte nennt die Verbesserung der Patientenversorgung als Hauptmotiv. Gründe hierfür könnten ungelöste technische und organisatorische Herausforderungen, mangelnde Nutzungsvorteile oder praktische Schwierigkeiten in der Implementierung sein. Grundsätzlich werden die angedachten Vorteile des EPD jedoch mehrheitlich anerkannt: die Verfügbarkeit von Patientendaten im Notfall, das Einsparen unnötiger Abklärungen, das Vermeiden von Behandlungsfehlern, steigende Behandlungsqualität sowie der Umgang der Patienten mit den eigenen Informationen.
Wird die Betrachtung des Austauschs über das Patientendossier hinaus erweitert, hat für die Befragten die digitale Übermittlung von Medikations- und Rezeptdaten die höchste Priorität. Danach folgen Laboraufträge und -befunde sowie Austrittsberichte, die sie ebenfalls als zentral für einen funktionierenden Datenaustausch ansehen. Aufträge und Befunde im Bereich Radiologie, Zuweisungen sowie der International Patient Summary bzw. Notfallpass werden mit mittlerer Priorität eingestuft. Am niedrigsten priorisieren die Befragten die Leistungsabrechnung und Kostengutsprache.