„Unsere Krankenhäuser digitalisieren derzeit mit besonders geringem Ressourceneinsatz. Das spricht einerseits für eine hohe Effizienz. Andererseits lässt es aber auch erwarten, dass ohne eine verlässliche Finanzierungsperspektive für die Zeit nach dem Auslaufen der Förderung nach dem Krankenhauszukunftsgesetz die Digitalisierung in Krankenhäusern nicht nachhaltig gesichert und verbessert werden kann“, mahnt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Diese hat in einer Studie die IT-Ausgaben deutscher Kliniken und Krankenhäuser denen unserer direkten Nachbarn Niederlande und Dänemark gegenübergestellt. Die digitale Leistungsfähigkeit von Krankenhäusern ist eines der zentralen Themen gesundheitspolitischer Reformdebatten; die beiden Länder gelten als hier Vorbilder. Diese Einstufung bezieht sich auf den digitalen Reifegrad, unberücksichtigt aber bleiben die tatsächlichen finanziellen Aufwendungen für die Digitalisierung. Mit dem Ziel eines differenzierten Bildes der Ausgabenlandschaft und ihrer Unterschiede wurden daher nun erstmals systematisch die IT-Ausgaben der Krankenhäuser hinsichtlich Höhe und Struktur analysiert.
Die im Juli 2025 veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass IT-Ausgaben der Versorger hierzulande besonders niedrig sind. Das gibt aber, betont die DKG in einer Pressemitteilung, wenig Anlass zur Freude, denn bestehende Rückstände sind auf eine Unterfinanzierung zurückzuführen. Krankenhäuser in Deutschland können im Vergleich deutlich weniger in digitale Infrastruktur und IT-Personal investieren. Eine hohe digitale Reife ist aber, auch das benennen die Ergebnisse, nur mit einer adäquaten und dauerhaft gesicherten Finanzierung möglich. „Während Länder wie Dänemark und die Niederlande nachhaltig in ihre digitale Infrastruktur investieren, fehlen in Deutschland die Mittel für Personal, Betrieb und Weiterentwicklung. Das ist nicht zukunftsfähig. Digitalisierung muss Teil der Regelversorgung und damit dauerhaft finanzierbar sein“, so Gaß.
Verhältnisse Deutschland, Niederlande, Dänemark
Die IT-Ausgaben deutscher Krankenhäuser fallen im Ländervergleich ab – insbesondere, wenn temporäre Investitionsimpulse durch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) herausgerechnet werden. Der Anteil laufender IT-Ausgaben ist geringer, die Personalausstattung schwächer, und nachhaltige Finanzierungsstrukturen sind erst noch zu etablieren. Bereinigt um die KHZG-Mittel geben Krankenhäuser hierzulande 3 Prozent ihres Budgets für IT-Themen aus (4,4 Prozent inklusive KHZG-Anteile). In Dänemark sind es dagegen 3,9 Prozent und in den Niederlanden sogar 5,2 Prozent. Bei den Ausgaben rein für IT-Betrieb und -Personal geht die Schere noch weiter auseinander: Deutschland: 2,1 Prozent, Dänemark: 3,6 Prozent, Niederlande: 4 Prozent. Der IT-Reifegrad der beiden Nachbarn macht sich inzwischen zudem in den Kostenarten positiv bemerkbar; ein Übergang von projektbezogenen Investitionskosten zu (reduzierten) laufenden Betriebskosten hat stattgefunden.

Bereits im Februar dieses Jahres veröffentlichte das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) eine Betrachtung der Gesundheits- und Krankenhausausgaben im europäischen Vergleich. „Krankenhäuser sind weder Kostentreiber der Gesundheitsausgaben, noch ist das deutsche Krankenhaussystem besonders teuer“, erklärte Dr. Gerald Gaß in der begleitenden Mitteilung. „Schon aufgrund der strukturellen Unterfinanzierung sind die deutschen Krankenhäuser dazu gezwungen, außerordentlich effizient zu arbeiten.“ Die Erhebung beschreibt die Kostenstruktur der Krankenhäuser und wirft zusätzliches Licht auf die Größenordnung der IT-Kosten: Die Krankenhäuser in Deutschland verursachen im europäischen Vergleich weniger Kosten pro Behandlungsfall – im Durchschnitt rund 6.000 Euro, während es in Dänemark mehr als 7.000 und in den Niederlanden mehr als 8.000 Euro sind. Der geringere IT-Anteil bezieht sich in Deutschland demzufolge zudem auf ein niedrigeres Gesamtkosten-Niveau.
Implikationen für die Kliniklandschaft
Die Autoren der DKG-Studie ziehen eine Reihe von Implikationen für eine zukunftsorientierte Finanzierung digitaler Infrastruktur aus den Ergebnissen: Anstelle projektbasierter Förderungen oder punktueller Investitionsimpulse bedarf es dauerhafter Finanzierungsmodelle, die Digitalisierung als kontinuierlichen Bestandteil der Leistungserbringung verstehen. Hierbei ist auch die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Einrichtung zu berücksichtigen, damit Krankenhäuser mit geringerer Erlösbasis gezielte Unterstützung erhalten, um strukturell mithalten zu können.
Die IT-Personal- und Betriebsausgaben müssen über den eigenen Finanzhaushalt abgebildet werden, die aus den Projekten entstandenen Folgekosten sind hierbei zu berücksichtigen. Qualitative Rückmeldungen in der Erhebung verdeutlichen, dass es in Deutschland die dauerhafte Finanzierung laufender IT-Kosten, insbesondere im Zuge der KHZG-geförderten Maßnahmen, noch zu sichern gilt: Lücken bestehen bei neuen und fortlaufenden Betriebskosten der initial von Förderungen getragenen Lösungen. Deutschland ist demnach Nachzügler bei der digitalen Reife, aber auch bei der kontinuierlichen Finanzierung der digitalen Infrastruktur. Zudem bedarf es aufgrund des herrschenden Fachkräftemangels und der unterdurchschnittlichen IT-Personalausstattung der hiesigen Krankenhäuser struktureller Vorgaben zur personellen Absicherung der eingeführten digitalen Prozesse (Bedarf an qualifiziertem IT-Personal steigt, entsprechende IT-Stellen werden geschaffen, wenn jedoch besetzt, dann überwiegend eigenfinanziert und dauerhafte finanzielle Verpflichtungen). Eine nachhaltige Digitalisierung zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit braucht Menschen, Strukturen und Ressourcen.