Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungsgesetz (DVPMG) – Updates für die Digitalisierung in der Regelversorgung

„Die Pandemie hat gezeigt, digitale Technologien sind keine Spielerei, sondern können real einen Unterschied für die Versorgung der BürgerInnen ausmachen. Es gilt aber weiterhin, die Digitalisierung in der Regelversorgung voranzutreiben. Darum geht es in diesem Gesetz“, so Jens Spahn im Mai 2021 bei der Vorstellung des DVPMG, das letzte von drei großen Digitalisierungsgesetzen nach DVG und PDSG in der aktuellen Legislaturperiode.

Mit der elektronischen Patientenakte (ePA), dem eRezept und der Einführung der Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) wurden in den vorangegangenen Monaten bereits die Weichen gestellt, um neue digitale Konzepte flächendeckend in der Gesundheitsversorgung zu implementieren. Das DVPMG begreift sich als ein Update der bisher eingeführten Maßnahmen und soll den eingeschlagenen Weg konsequent weiter forcieren.

Digitale Unterstützung für die Pflege

Ressourcen- und Personaldruck haben sich während der Pandemie auch im Pflegesektor verschärft. Dennoch werden neue, innovative Lösungen in der Pflege bisher kaum genutzt. Digitale Pflegeanwendungen (DiPAs) sollen nun Abhilfe schaffen und äquivalent zu den bereits genutzten DiGAs dazu beitragen, die Versorgungs- und Kommunikationsqualität zu verbessern. Die neuen digitalen Helfer sollen nicht nur konkret zum Einsatz kommen, sondern auch von Pflegekassen erstattet werden.

Ausbau Videosprechstunde und Telemedizin

„Ein großer digitaler Erfolg jetzt in der Pandemie ist auch die Videosprechstunde, die enorm an Akzeptanz bei Ärzten und Patienten gewonnen hat“, so Spahn. Durch das DVPMG soll auch das Angebot für Online-Konsultationen mit dem Arzt besser zugänglich und nutzbar werden. Neben den bisher gängigen Vor-Ort-Terminen, zählen nun auch Videosprechstunden zur Standardvermittlung des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes. Telemedizinische Leistungen sollen darüber hinaus nicht allein von Ärzten erbracht, sondern auch für Heilmittelerbringer, Hebammen und psychotherapeutische Akutbehandlungen zugänglich werden.

Fast zeitgleich veröffentlicht im Mai der IT-Verband bitkom seinen Digital Health Report 2021 und scheint Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der Vorhaben zu untermauern. So hat die Pandemie nicht nur das Tempo der Digitalisierung vorangetrieben, sondern auch Einstellung und Akzeptanz der Bevölkerung zu digitalen Angeboten im Gesundheitswesen maßgeblich beeinflusst. Im Vergleich zum Vorjahr (22 Prozent) sind 75% der Befragten der Auffassung, dass sich die Pandemie besser mit Digitalisierung bewältigen lässt.

Auch wenn die Verbreitung telemedizinischer Angebote zunächst nicht so schnell vorangeschritten ist wie erhofft, so haben laut bitkom insbesondere die 50-64jährigen die Videosprechstunde für sich entdeckt. 22 Prozent aus dieser Gruppe haben bereits einen Online-Arztbesuch absolviert. 18 Prozent sind es bei den 16- bis 29-Jährigen und 15 Prozent bei den 30- bis 49-Jährigen.

Ausbau Videosprechstunden und Telemedizin

eRezept und ePA gegen Zettelwirtschaft

Auch die Bereitschaft, zukünftig anstelle eines herkömmlichen Papier-Rezepts das eRezept zu verwenden, ist unter den Deutschen recht groß: 59 Prozent der Befragten sind daran interessiert, das eRezept zu nutzen. Vorteile erhoffen sich 51 Prozent der an der Nutzung Interessierten durch eine automatische Erkennung von Wechselwirkungen, 44 Prozent erwarten die Vermeidung von Zettelwirtschaft.

Neben dem bereits existierenden eRezepten für Arzneimittel, soll der Anwendungsbereich darüber hinaus auf Verordnungen für medizinische Hilfsmittel, häusliche Krankenpflege oder Soziotherapien ausgeweitet werden. Auch DiGAs sollen zukünftig elektronisch verordnet werden können. Zusätzlich werden in diesem Kontext Leistungserbringer wie Pflegedienste oder Hilfsmittelerbringer schrittweise an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. Patienten erhalten die Option, Informationen zum Rezept unkompliziert in der ePA einzustellen und historisch nachzuvollziehen.

Update für den Steinzeitkonnektor

Schließlich erhält auch das Netz im Gesundheitswesen, die Telematikinfrastruktur, ein Update für mehr Nutzerfreundlichkeit. Im Fokus stehen insbesondere die Einführung von digitalen Identitäten zur sicheren Authentifizierung von Teilnehmern sowie die Ablösung des bisher eingesetzten Hardware-Konnektors durch eine Software-basierte Lösung. Auslaufende Zertifikate für den Konnektor riefen bereits in der Vergangenheit Kritiker auf den Plan. Im Hinblick auf die begrenzte Laufzeit von 5 Jahren, laufen die ersten Zertifikate der Konnektoren im Jahr 2022 ab. Betreffende Konnektoren können ab diesem Zeitpunkt keine Verbindung mehr zu TI aufbauen und sind folglich nicht mehr nutzbar.

Um einen Austausch der Konnektoren zu verhindern, erhält die gematik nun im Rahmen des DVPMG den Auftrag, einen neuen wirtschaftlichen und sicheren Konnektor, den Zukunftskonnektor, zu entwickeln. Gemeinsam mit Herstellern arbeitet die Gematik an einer Lösungsfindung, dessen konkrete Ausgestaltung aber noch weitestgehend offen ist.

Neben der Einführung von digitalen Identitäten und neuer Konnektortechnologie sollen zukünftig auch Pflegedienstleister verpflichtet werden, sich an die TI anzuschließen. Darüber hinaus werden die sicheren Übermittlungsverfahren zwischen Patienten und Leistungsträgern erweitert. Neben der E-Mail-Funktion werden zukünftig auch Video- und Messagingservices zur Verfügung stehen.

Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernsierungs-Gesetz DVPMG

Meinungen der Verbände grundsätzlich positiv

Die geplanten Updates zur Digitalisierung im Gesundheitswesen wurden von den Fachverbänden, wie beispielweise der Bundesverband Gesundheits-IT, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Digitale Gesundheit, weitestgehend positiv eingeschätzt. Insbesondere der Ausbau telemedizinischer Angebote wird als Chance bewertet, die Patientenkommunikation und Versorgung zu verbessern.

Besonders im Fokus der Diskussionen stehen die DiPAs als digitale Neuheiten. Neben Fragen und Kritikpunkten zu Nutzennachweis, Qualitätssicherung und der pauschalen Gesamtvergütung, gehen darüber hinaus einigen Verbänden die geplanten Maßnahmen im Bereich Pflege nicht weit genug. So fehle es an geeigneten Initiativen und Regularien, um Kernprozesse wie Dokumentation, Planung und Berichterstattung in der Pflege durch den Einsatz digitaler Lösungen zu optimieren. Gebraucht werden Lösungen, die sowohl Pflegeprozesse insgesamt effizienter gestalten als auch auf eine hohe Akzeptanz beim Anwender stoßen.