E-Health Lösungen im Ländervergleich – Service-Orientierung in Deutschland nötig
Deutschland holt auf bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Dennoch liegt der Schwerpunkt hierzulande verstärkt auf der Umsetzung von datenbasierten Digitalisierungsstrategien. Nachholbedarf besteht bezüglich des Ausbaus von Service-orientierten Lösungen wie beispielsweise der Einsatz von elektronischen Gesundheitsanwendungen oder Online Patientenportalen, so das Fazit einer Kurzanalyse des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP).
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens gilt nicht erst seit Corona als wichtiges Instrument, um Versorgungsqualität zu sichern und Patientenautonomie zu stärken. Obwohl das deutsche Gesundheitswesen zu den teuersten der Welt zählt, die Durchsetzung einer nationalen, flächendeckenden Digitalisierungsstrategie verlief bisher schleppend. Deutlich wird dies regelmäßig im internationalen Vergleich. Digital fortschrittliche Staaten wie Estland oder Dänemark demonstrieren seit Jahren die vielfältigen Potenziale von innovativen Technologien zur Optimierung der nationalen Versorgungsleistung. Für Deutschland hingegen konstatieren internationale Studien wiederholt mäßige Ereignisse deutlich unter dem europäischen Durchschnitt.
Für eine vergleichende Untersuchung des WIP wurden neben Deutschland die Länder Österreich, Schweiz, Polen, Dänemark, Estland und Australien in den Vergleich einbezogen. Trotz vermehrter Digitalisierungsinitiativen liegt Deutschland nach wie vor hinter den stark digitalisierten Nationen zurück. Ob die Digitalisierung ihre Vorteile voll entfalten kann, ist dabei maßgeblich von ihrer konkreten Ausgestaltung abhängig. So unterscheiden sich die untersuchten Nationen nicht nur hinsichtlich der Funktionsbandbreite, sondern auch bezüglich des tatsächlichen Umsetzungs- und Verbreitungsgrades mitunter gravierend.

Service-orientierte Lösungen als Schlüssel für breite Akzeptanz
Den höchsten Digitalisierungsgrad im Gesundheitswesen verzeichnen vor allem Staaten, die bereits über starke digitale Strukturen in der öffentlichen Verwaltung verfügen und ihren Digitalisierungsschwerpunkt frühzeitig auf Service-orientierte Lösungen und Funktionen verlagert haben. Dazu zählen beispielsweise digitale Anwendungen wie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (e-AU), das e-Rezept oder die Einführung von Online-Patientenportalen und Gesundheitsplattformen. Die Anwendungen beinhalten Ratgeber für individuelles Gesundheitsmanagement oder unterstützen bei der Planung von Arzt- und Krankenhausterminen. In der weiteren Entwicklung kann darüber hinaus die gesamte Patient Journey abgebildet und begleitet werden.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie elektronische Überweisungen werden zum Zeitpunkt der Untersuchung von allen Ländern angeboten. Ebenfalls häufig eingesetzt werden neben dem e-Rezept Service-Plattformen wie Gesundheitsinformationsportale oder digitale Patientenportale zur Online-Arztsuche oder digitalen Terminbuchung.
Die elektronische Patientenakte (ePa) kommt bereits in sechs der untersuchten Länder zum Einsatz. Befunde, Medikationslisten, Arztbriefe, Hinweise zu Krankenhausaufenthalten, Laborwerte und Notfalldaten gehören bei allen eingesetzten ePAs zum Standard. Unterschiede bestehen jedoch bezüglich der tatsächlichen Nutzung und Verbreitung. So wurde die ePA in Deutschland zwar zu Beginn des Jahres 2021 offiziell eingeführt, dennoch ist ein flächendeckender Einsatz und Anschluss der Leistungserbringer frühestens im Laufe dieses Jahres abzusehen.

Das serviceorientierte Vorgehen beinhaltet laut Autoren das Potenzial, zügig eine hohe Akzeptanz seitens der Bevölkerung zu erzielen. In Deutschland hingegen lag der Fokus in den ersten Transformationsphasen auf Funktionen des Datenaustausches und der Datensammlung. Diese Strategie führt zu einer verbesserten Dokumentation sowie Entlastung der Mitarbeiter im Gesundheitssystem. Serviceleistungen und patientenzentrierte Lösungen wurden zunächst hintenangestellt. Es bleibt abzuwarten, wann in Deutschland unter Berücksichtigung des internationalen Erfolges künftig serviceorientierte Lösungen etabliert werden und wie hoch die Akzeptanz der E-Health-Anwendungen in der Bevölkerung hierzulande ausfällt. Mehrwert- bzw. Servicefunktionen für die Versicherten sind in Deutschland als Wettbewerbselement vorgesehen und sollen nach Etablierung der Telematikinfrastruktur von den gesetzlichen Krankenkassen und den privaten Krankenversicherern auf die ePA aufgesetzt werden.