Die herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der damit einhergehende stotternde Konjunkturmotor sorgen zumindest am Arbeitsmarkt für leichte Entspannung. Die Lücke zwischen offenen Stellen für qualifizierte Arbeitskräfte und den qualifizierten Arbeitslosen wird kleiner; dennoch bleiben der Fachkräftemangel auf hohem Niveau und Stellenbesetzungen schwierig. Eine Aufschlüsselung zeigt: Die größte absolute Lücke besteht inzwischen im Gesundheitswesen und damit in einem Bereich der Daseinsfürsorge, mit dem sehr viele Menschen in Berührung kommen.
Laut Statistischem Bundesamt wird sich dieser Bedarf über die kommenden Jahrzehnte noch deutlich erhöhen: Bis 2049 werden in Krankenhäusern, Pflegeheimen und der ambulanten Pflege laut Pflegekräftevorausberechnung mindestens 280.000 (je nach Modellierung bis zu 690.000) mehr Pflegekräfte benötigt als bis dahin vorhanden. Die Zahl der Pflegebedürftigen und Krankenhausfälle bestimmt die hohe Nachfrage – beide steigen. In dieser Hinsicht gestaltet sich die Zukunft des Gesundheitswesens schwierig.
Nachhaltiger Einsatz der knappen Ressource Fachkraft gefordert
Der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege bezeichnet das deutsche Gesundheitssystem in seiner Studie ‚Fachkräfte im Gesundheitswesen‘ als für eine hochwertige, zugleich angemessene und effiziente Versorgung unzureichend eingerichtet. Fehlendes Personal reduziert die Verfügbarkeit von Versorgungsangeboten und erschwert den Zugang zu Versorgungsleistungen. Anhaltende Personalengpässe und ausufernde Bürokratie bedeuten für die Mitarbeitenden eine zusätzlich belastende Arbeitssituation, die durch permanenten Zeitdruck, unzureichend organisierte Abläufe und Überlastung gekennzeichnet ist.
Immer mehr medizinisches Personal ist eine ineffiziente Lösungsstrategie, ein rein quantitativer Aufwuchs zudem kurzfristig unmöglich. Die knappen Personalressourcen in der Patientenversorgung – Pflegepersonal, Medizinische Fachangestellte und Ärzte werden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) als Engpassberufe eingestuft – sind stattdessen im Sinne des Patientenwohls besser einzusetzen. Wo es an Arbeitnehmenden mangelt, muss der Administrationsaufwand reduziert und müssen fachferne Abläufe minimiert werden, um personelle Ressourcen für Primäraufgaben am Patienten freizusetzen.
Die aktuellen Digitalisierungsbemühungen und damit einhergehende strukturelle Änderungen sind Schritte in die richtige Richtung: Zu einem nachhaltigen Personaleinsatz gehören die Allokation auf medizinisch-pflegerisch Sinnvolles, bedarfsgerechte Planung und zuverlässige Leitung der Patientenströme, hinreichende Kommunikation und Kooperation zwischen den Akteuren der verschiedenen Versorgungsebenen und die Schaffung adäquater, insbesondere ambulanter Versorgungsstrukturen.

Arbeitskräfte sichern, Arbeitsproduktivität erhöhen
„Stellschrauben der Erneuerung, große wie kleine, bieten sich zuhauf an: Skaleneffekte realisieren, Personalressourcen besser allokieren, die Arbeitsproduktivität erhöhen und die Attraktivität der Gesundheitsberufe durch mehr Autonomie, mehr Flexibilität und weniger Bürokratie steigern“, blickt Dr. Manuel Iserloh, Geschäftsführer POLAVIS, insbesondere auf die nachweislichen Chancen, die die KHZG-konformen Patientenportale bieten. „Da wird kaum jemand widersprechen. Um aber von Veränderungen zu profitieren, bedarf es einer Veränderungsleistung. Das bedeutet, dass zunächst noch mehr Einsatz im kontinuierlich hochausgelasteten Gesundheitssystem notwendig ist. Daher sehen wir unsere Rolle weit größer als die eines Softwarelieferanten: Wir sind bester Berater und enger Partner unserer Kunden. Wir konzipieren bedarfsgerechte Lösungen, führen durch die Veränderungen und übernehmen jederzeit die Verantwortung für die Ergebnisse.“
Viele der aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen sind digital getrieben, getragen durch große Trends wie die Künstliche Intelligenz oder Remote-Techniken oder ausgehend von Initiativen des Gesetzgebers. „Patientenportale reihen sich hier perfekt ein. Wo sie bereits im Einsatz sind, sind sie echte Erfolgsgeschichten. In der Einführung richten sich Gesundheitsversorger zumeist noch deutlich an den KHZG-Kriterien aus. Vorteile mit Blick auf den Mangel an Fachkräften entstehen dann zusätzlich aus der Vernetzung heraus: Vor- und nachgelagerte Leistungserbringer sind digital angebunden, parallele Strukturen öffnen sich, Medienbrüche werden überwunden.“
Patientenportale begrenzen den Fachkräftemangel
Einer Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) im vergangenen August war der Standpunkt seitens des Vorstandsvorsitzenden Dr. Gerald Gaß zu entnehmen, dass dem personellen Defizit nur durch konsequente Entbürokratisierung begegnet werden könne. Mehrere Stunden seien Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte täglich mit Schreibarbeiten beschäftigt, darunter doppelte Dokumentation oder Dokumentation, die weder medizinisch noch pflegerisch einen Nutzen habe. Die Folge: Fachkräfte, die aufgrund dessen den Beruf oder die Stelle wechselten oder andere Berufslaufbahnen einschlügen. Bewerbungen blieben aus. Könnte diese Bürokratielast nur halbiert werden, stünde die Arbeitskraft mehrerer zehntausend Fachkräfte allein in der Pflege zusätzlich zur Verfügung.
Zweifelsohne sorgt die Digitalisierung für effizientere Abläufe. Neuerungen orientieren sich an bestehenden, bekannten Prozessen und optimieren diese. Will man eine nachhaltige Antwort auf ansteigende Fallzahlen und fehlende Ressourcen geben, bedarf es hingegen gleichermaßen mehr Effektivität: Anstatt anfallende Arbeitsschritte zu verbessern, gilt es, Abläufe bewusst neu zu denken. „Durch seine strukturierte Einführung und die Integration in die Prozesslandschaft der Kliniken und Krankenhäuser regt das Patientenportal genau dieses Denken an. Es erweitert den Rahmen des organisatorisch Möglichen spürbar“, betrachtet Dr. Iserloh die Mehrwerte der Portale. „Der althergebrachte Arbeitsalltag im Gesundheitswesen ist fragmentiert und von häufigen Ablenkungen und Unterbrechungen geprägt. Beispielsweise fordern Patienten immer wieder die direkte Aufmerksamkeit der Krankenhaus-Ressourcen ein. Für Mitarbeitende bedeutet das eine deutlich erhöhte körperliche und psychische Belastung sowie eine Beeinträchtigung ihrer erlebten Arbeitsqualität. Robuste, weniger störungsanfällige Prozesse und asynchrone digitale Kontaktwege, unabhängig von der Präsenz der Beteiligten – versetztes Abarbeiten von E-Mails statt gebundener Telefonkommunikation –, ermöglichen dem Einzelnen hingegen Zeiten des fokussierten, unterbrechungsfreien Arbeitens. Die Ortsunabhängigkeit ist der Baustein, der in der Arbeitsorganisation bisher gefehlt hat. Arbeitsbedingungen können auf dieser Basis sogar an individuellen Bedürfnissen ausgerichtet werden.“
Das Patientenportal leitet Patientenströme zielgerichtet: Patient und Ressource treffen zur geplanten Zeit am vorgegebenen Ort bestens vorbereitet aufeinander. Auf das gesamte Haus gesehen sind das im Ergebnis eine Reduktion des notwendigen Personalbestands – oder die Chance, mit dem vorhandenen Team mehr Patienten zu versorgen –, weniger stationäre Belegungstage durch verbesserte Koordination und Ambulantisierung, eine deutliche Verbesserung der Arbeitsplatzattraktivität durch mehr Zeit am Patienten und eine Verringerung der Arbeitsbelastung. Mehr Wertschätzung für die Menschen im Gesundheitswesen bis hin zur Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf sowie zum lebensphasengerechten Arbeiten, wie es die DKG in ihrem Positionspapier zur Fachkräftesituation fordert.