Future of Health – Auswirkung von digitalen Innovationen auf den Gesundheitsmarkt
Ausgelöst durch die Pandemie erlebt das Gesundheitswesen aktuell einen Innovationsschub, der eine gänzlich neue Dimension des Wandels mit gravierenden Auswirkungen auf alle Marktteilnehmer darstellt, so das Ergebnis der Studie von Roland Berger „Future of Health 3 – Neuer Schub für Innovation“.
Befragt wurden international über 400 Experten aus der Pharma- und Medizinbranche. Drastische Folgen habe den Autoren zufolge insbesondere das Zusammenprallen von physikalischen und digitalen Innovationen. Wie interagieren physische und digitale Innovationen miteinander? Welche Auswirkungen ergeben sich für Markt und Branchenakteure?

Konvergenz zwischen physikalischer und digitaler Welt
Grundsätzlich lassen sich zwei Formen von Innovationen unterscheiden. Auf der einen Seite stehen physikalische Innovationen mit Fokus auf mechanisch, elektrisch oder biochemischen Neuerungen und Durchbrüchen, wie beispielsweise die Einführung von Antibiotika in den 1930er Jahren. Andererseits eröffnen auch digitale Innovationen wie Künstliche Intelligenz neue Perspektiven und Optimierungspotenziale für das Gesundheitswesen.
Absehbar ist zunehmend ein Zusammentreffen von physikalischer und digitaler Welt, beispielsweise verdeutlicht durch die parallele Nutzung von Biopsien und Künstlicher Intelligenz, Implantaten und digitalen Applikationen. Tatsächlich interagieren physikalische und digitale Welten in vielerlei Hinsicht und bewegen sich in einem Range zwischen Arbeitsteilung, Konkurrenz und Substitution.
Hybride Produkte, die digitale und physikalische Funktionen vereinen, sind bereits jetzt verfügbar. So existieren diverse, mit dem Internet gekoppelte Gadgets zur kontinuierlichen Überwachung von Körperfunktionen und Heimdiagnostik. Auf einem komplexeren Niveau werden hybride Produkte auch für Brain-Computer-Interface (BCI-) Technologien immer bedeutsamer. BCI-Technologien erlauben es einem menschlichen Gehirn mit einem externen Gerät zu kommunizieren und Signale auszutauschen. Dies ermöglicht eine direkte Kontrolle von Maschinen ohne Körperkontakt.
Darüber hinaus können physikalische und digitale Innovationen in einem kollaborativen Kontext ergänzend zueinander eingesetzt werden. Zunehmend denkbar und einsatzfähig ist der gemeinsame Einsatz von Big Data- und KI-Technologien zur Auswertung von physisch generierten Daten, beispielsweise durch Biopsien oder Genomsequenzierung.
Zuletzt können physikalische und digitale Lösungen nebeneinander existieren, miteinander konkurrieren oder sich gar ersetzen. Beispielsweise kann es für bestimmte Erkrankungen konkurrierende physikalische und digitale Therapien geben, wobei die endgültige Wahl abhängig von den Präferenzen des Patienten oder des Arztes oder der Eignung verschiedener Ansätze im jeweiligen Fall ist. Bei einigen psychischen Erkrankungen etwa, kann die Wahl zwischen traditionellen medikamentösen Therapien und digitalen Programmen zur psychischen Gesundheit bestehen.
Auswirkungen auf Gesundheitsmarkt und Akteure
Unterschiedliche Formen von Innovationen werden sich nicht nur vermischen, sondern einen wesentlichen Einfluss auf die Umgestaltung der gesamten Patient Journey und die Art und Weise wie wir unsere Gesundheit managen, nehmen.
So glauben die Befragten, dass digitale Technologien insbesondere einen Einfluss auf die Prävention, Früherkennung, Therapieauswahl und -überwachung, nicht aber auf die Therapie selbst haben wird. Bei der Frage, welche Technologien bis zum Jahr 2026 die größten Auswirkungen auf das Gesundheitssystem ausüben werden, stehen Künstliche Intelligenz ( 52 Prozent) und Sensortechnologien in digitalen Geräten zur Überwachung ( 50 Prozent) an erster Stelle.
Physikalische und digitale Innovationen entlang des Behandlungsverlaufes

Quelle: Future of Health 3 – Neuer Schub für Innovation, Roland Berger
In der Prognose werden Künstliche Intelligenz, Früherkennung, verhaltensändernde Tools und andere digitale Innovationen in den nächsten fünf Jahren einen globalen Marktwert von rund 1 Billion Euro einnehmen. Neue Arten von Innovationen, wie Gentherapie und Elektrozeutika, werden die Art und Weise wie wir Krankheiten behandeln grundlegend verändern.
Verschiedene Akteure des Gesundheitswesens werden bei den Veränderungen in der Branche unterschiedliche Rollen spielen. Laut Umfrageteilnehmern wird es keinen Akteur geben, der alles allein aus einer Hand anbietet. So werden die Pharma- und Medizintechnikbranche physikalische Innovationen vorantreiben, während Technologieunternehmen hauptsächlich die Früherkennung und Datennutzung fördern werden.
Da Entwicklungen in der Branche weniger vorhersehbar und planbar sind als je zuvor, müssen alle teilnehmenden Akteure unterschiedliche Szenarien und Strategien berücksichtigen, um schnell und flexibel auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können. Das Denken in Ökosystemen, Kooperationen und Innovationsnetzwerken bildet dabei für alle Akteure einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.