„Es gibt Gesundheitsversorger, die vorangehen und erstaunlich gute Kommunikation machen“, attestiert Simeon Atkinson Kompetenzen, wenn es um die Bekanntmachung digitaler Angebote geht. „In der Breite vermisse ich allerdings diesen Reifegrad. Es fehlen häufig ein Konzept und die passende Strategie: Bestehende Kanäle werden genutzt, es liegt aber kein Plan zugrunde, mit welchen Botschaften welche Zielgruppen angesprochen werden sollen.“
Auch aufseiten der Technologieanbieter erlebt Atkinson, Gründer und Geschäftsführer der Achtung! InnoHealth, oft ausgeprägte Absenderperspektiven ohne engen Bezug zur Zielgruppe. Funktionen und Eigenschaften stehen im Mittelpunkt, selten die Vorteile für den Kunden. Das besser zu gestalten, ist Aufgabe von Agenturen: „Was bewegt die Zielgruppe? Was will sie spüren und erfahren, um sich einer Technologie zu öffnen? Kommunikativ kontinuierlich einen Schritt nach dem anderen zu gehen, ist dabei manchmal wichtiger, als Leuchttürme zu errichten.“
Die Motivation für das Gesundheitswesen
Sein Studium, die Faszination an Start-ups und eine Werksstudentenstelle im Bereich Telemedizin haben Simeon Atkinson den Weg zur eigenen Agentur bereitet. „In die Rolle bin ich hineingewachsen, habe als Freelancer gearbeitet und irgendwann eine Agentur gegründet. Der Fokus auf Innovationen und das Gesundheitswesen ist mir geblieben, denn dafür lohnt es sich, morgens aufzustehen. Achtung! ist eine der erfolgreichsten Agenturgruppen Deutschlands und mit ihrer Plattform für Gründerinnen und Gründer ermöglicht sie Persönlichkeiten aus der Branche, ihre eigene Achtung! Agentur zu gründen. Seit drei Jahren gehört Achtung! InnoHealth dazu und besetzt eine thematische Nische.“
Auch wenn es für Atkinson keine Blaupause typischer Agenturprojekte gibt, gehört ein grundlegendes Verständnis für Absender und Zielgruppe immer dazu. „Wenn Kunden mit Problemen auf uns zukommen, verstecken sich dahinter oft ganz andere, größere Herausforderungen. Nach dem Verständnis kommt das kreative Konzept und das will auf die Straße gebracht werden.“ In der Zusammenarbeit begegnet er häufig Menschen mit technischem oder medizinischem Hintergrund, die sich für die eigenen Themen begeistern. „Diese Innovatoren sind intrinsisch motiviert, die Zusammenarbeit ist oft inspirierend“, zeigt sich der Gründer beeindruckt.
Der Produktnutzen ist die Bodenhaftung
Aus Sicht des Agenturprofis hat der Digital-Health-Sektor einen Reifeprozess durchlaufen. „Wir kommen aus einer Situation mit sehr vielen ambitionierten Start-ups. Inzwischen hat sich der Markt etwas sortiert und neue Dynamiken kommen auf. Digital-Health holt auf, auch wenn im Vergleich mit anderen Branchen vieles noch immer in den Kinderschuhen steckt“, beschreibt Atkinson das digitale Gesundheitswesen. „Wir arbeiten mit Verbänden und häufig mit Technologieanbietern. Das verbindende Element sind die technischen Themen, die in der Kommunikation erklärt und aufbereitet werden. Krankenhäuser sind dabei häufig Zielgruppe und man benötigt Einblick, wie ein Krankenhaus funktioniert. In diesem komplexen Gebilde stecken unterschiedliche Zielgruppen, die adressiert werden wollen, und es hat eine herausragende Position, denn dort findet sich die technologische Spitze der medizinischen Versorgung. Das macht Krankenhäuser in der Ansprache besonders spannend.“
Wer die eigene Technologie tief durchdrungen hat, hält vieles für selbstverständlich. „Man sollte sich dessen bewusst sein, dass anderen diese Selbstverständlichkeit fehlt. Gute Kommunikation baut hier Brücken und kann Entwicklungen beschleunigen: Erste Anwender finden sich schnell. Bis die Mehrheit sich einer neuen Technologie öffnet, dauert es deutlich länger. Kommunikation fördert die Akzeptanz und holt den Fortschritt schneller in die Gegenwart – wenn ein echter Nutzen erkennbar ist. Der Produktnutzen ist die Bodenhaftung der Kommunikation, ohne ihn kann sie kaum helfen.“

Bildnachweis: Achtung! InnoHealth GmbH
Die Stimme nach innen und außen
Wird ein Patientenportal eingeführt, ist das zumeist eine vorgegebene Entwicklung. Die Herausforderung besteht darin, diejenigen an Bord der neuen Lösung zu holen, die damit arbeiten sollen. Die interne Kommunikation ist entscheidend, findet Simeon Atkinson: „Ich würde jedem Krankenhaus empfehlen, hierfür ein Kommunikationskonzept aufzusetzen, vielleicht sogar eine Agentur hinzuzuziehen. Es ist wichtig, wirklich alle mitzunehmen.“
Im Blick nach außen und auf die Frage, wie Patienten das Portal nähergebracht werden kann, weiß der Kreativexperte ebenfalls eine Antwort – und kann auf Beispiele verweisen: „Ich habe im Auftritt eines großen Klinikanbieters zufällig die Seite zum Patientenportal gefunden. Dort werden aber nur Funktionen erklärt. Fragen sich Patienten nicht viel eher, welcher Ablauf sie in Verbindung mit dem Portal im Klinikum erwarten wird? Mit einer klaren Kommunikation können Versorger die Portalnutzung sicherstellen und fördern. Das ist kein Selbstläufer: Damit, was möglich ist, auch passiert, müssen Patienten das Portal verstehen und die Vorteile für sich selbst erkennen. Die Technologie nur anzubieten, überzeugt noch nicht – ich denke aber, dass viele Kliniken darauf eine Antwort finden.“
Positive Berichterstattung in den Medien
In den Medien kann man viel Negatives über das Gesundheitswesen lesen. „Digitalisierungsthemen und das Gesundheitswesen werden in der Publikumspresse oft skeptisch beleuchtet“, beschreibt Atkinson die seiner Ansicht nach relevanten Stimmen: „Kritisch auf Entwicklungen zu blicken, anzuprangern, wenn etwas nicht stimmt, und auch mal den Finger in die Wunde zu legen, sind Aufgaben der Medien. Gleichzeitig gilt es, die Akzeptanz neuer Technologien zu fördern und entsprechende Botschaften einfließen zu lassen. Gute eigene Pressearbeit lässt positive Narrative in die Berichterstattung einfließen.“
Große Verlage und Medienplattformen sind heute aber nicht mehr so dominant, wie das noch vor zehn Jahren der Fall war. Versorger können sich ein eigenes Publikum aufbauen und direkt mit ihrer Zielgruppe in Kontakt treten. „Im besten Fall gelingt beides: Man baut eigene Kanäle auf, deren Inhalte gesteuert werden können, und man bringt sich positiv in die Berichterstattungen ein. Kliniken und Krankenhäuser spielen in der Region eine große Rolle für die Versorgung – ihre Entwicklung ist für die Lokalpresse immer relevant und Mitteilungen werden aufgegriffen. Diesen Rat kann ich Krankenhäusern mitgeben.“
Ein Blick auf das Krankenhaus der Zukunft
Es ist wertvoll, das Krankenhaus der Zukunft als Idealbild zu haben. Für den Agenturinhaber Atkinson bleibt es ein abstraktes Bild, das in Reinform kaum existieren wird, in dem die Digitalisierung jedoch eine sehr große Rolle spielt. „Man könnte die Vision an einzelnen Technologien festmachen, das möchte ich aber gar nicht. Vielmehr geht es um eine Verbindung zwischen dem Ort „Krankenhaus“ und den vor- und nachgelagerten Schritten der Patientenreise. Das Krankenhaus der Zukunft beschreibt einen Dienstleister, der bei Problemen hilft. Weg von „Das ist ein Gebäude“ hin zu „Das ist ein Gesundheitspartner“. Die Wertschöpfung der Patientenreise wird ausgedehnt. Gleichzeitig geht es um bessere Versorgung zu vertretbaren Kosten. Das Krankenhaus der Zukunft ist nicht nur besser, es ist auch effizienter. Dieser Anspruch passt zu den Entwicklungen, die wir heute schon erleben und das Patientenportal kann hier ein Bindeglied sein.“