Patienten begrüßen die digitalen Initiativen im Gesundheitswesen

Die umfassende Digitalisierung der Krankenhäuser, auf die das Zukunftsgesetz (KHZG) abzielt, baut auf der Bereitschaft der Patientinnen und Patienten auf, digitale Angebote zu nutzen. Während die Portallösungen der Kliniken und Krankenhäuser sich schrittweise einer Flächendeckung nähern, sind Initiativen wie die elektronische Patientenakte (aPA) und vor allem das E-Rezept schon bei den Verbrauchern angekommen.

Zwei großangelegte Studien der letzten Monate – eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom mit 1.140 und der TI-Atlas der gematik mit 1.800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern – zeigen, wie die Versicherten zu den neuen Angeboten stehen und wie diese genutzt werden. Die Ergebnisse sind sehr ähnlich und bestätigen damit die jeweils getroffenen Aussagen: Die ePA wird überwiegend positiv gesehen, das E-Rezept ist akzeptiert und fester Teil der Versorgung geworden.

Jährliches Zahlenwerk der gematik zur Digitalisierung des Gesundheitswesens

Einmal jährlich veröffentlicht die gematik ihren TI-Atlas. Betrachtet wird darin der Fortschritt der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die gematik hat dabei nicht nur die Nutzung neuer Angebote im Blick, sondern auch Einstellungen und Erwartungen der Nutzer – und diese sind hinsichtlich der aktuellen Themen durchaus sehr positiv.

Erhalten können Versicherte eine elektronische Patientenakte bereits seit fast vier Jahren, ab dem kommenden Jahr wird sie von den gesetzlichen Krankenkassen auf Basis des Digital-Gesetzes deckend für alle Versicherten eingerichtet. Wer seine ePA nicht nutzen möchte, muss dem aktiv widersprechen (Opt-out). Für privat Versicherte können die Unternehmen der PKV ebenfalls eine widerspruchsbasierte ePA anbieten.

Im diesjährigen TI-Atlas hat die gematik daher gezielt die Einstellung gegenüber der ePA abgefragt. Die erfreuliche Nachricht: Der konkrete Wissensstand zur ePA ist zwar noch sehr gering, doch wer von ihr gehört hat, plant ihre Nutzung. Mehr als 60 Prozent bestätigen das; nur noch vier Prozent geben an, aktiv widersprechen zu wollen. Im Vordergrund stehen dabei der Zugriff auf wesentliche Befunde durch alle medizinischen Einrichtungen (83 Prozent), aber auch die Entscheidungshoheit darüber, welche medizinischen Einrichtungen die digitalen Gesundheitsdaten erstellen, einsehen und bearbeiten dürfen (78 Prozent).

Noch weit mehr Zustimmung erfährt das E-Rezept, das fester Bestandteil der Versorgungsinfrastruktur geworden ist und bereits hundertmillionenfach in Apotheken eingelöst wurde: Die Hälfte der Menschen in Deutschland hat inzwischen ein E-Rezept erhalten, fast 90 Prozent der befragten Versicherten ist mit dem E-Rezept zufrieden und auch die Durchdringung bei Arztpraxen nähert sich der Vollständigkeit. Präferiertes Medium ist die elektronische Gesundheitskarte – wohl auch, weil diese direkt verfügbar ist und keine App benötigt.

„Die Zahlen zeigen, dass unsere Anwendungen immer stärker im Alltag der Versicherten, Praxen und Apotheken ankommen und auch nicht mehr wegzudenken sind. Das gibt uns Rückenwind für den Start der ePA für alle im kommenden Jahr“, resümiert Dr. Florian Hartge, Geschäftsführer der gematik GmbH.

Ein niedergelassener Arzt nutzt das POLAVIS Patientenportal zur Datenbearbeitung.

Positive Einstellung und gefühlte Überforderung

Der Digitalverband Bitkom, mit Mitgliedsunternehmen über das gesamte Spektrum vom Dax-Konzern bis zum innovativen Tech-Start-up, zielt auf die digitale Transformation ab – und darauf, eine breite gesellschaftliche Teilhabe an den digitalen Entwicklungen zu erreichen. Eine aktuelle, repräsentative Verbandsstudie unterstreicht die Ergebnisse der gematik, zeigt jedoch noch eine andere Seite: Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland begrüßt die digitalen Entwicklungen im Gesundheitswesen – 89 Prozent halten sie für grundsätzlich richtig, 71 Prozent wünschen sich ein schnelleres Voranschreiten und 83 Prozent erleben auch ihre Ärztinnen und Ärzte dem Thema Digitalisierung gegenüber als aufgeschlossen – gleichzeitig fühlt sich fast die Hälfte (48 Prozent) von diesen Entwicklungen auch überfordert.

„Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Digitalisierung des Gesundheitssystems drastisch beschleunigt und das Ressort auf Digitalkurs gebracht“, sagt Bitkom-Vizepräsidentin Christina Raab. „Die Menschen in Deutschland finden diese Entwicklung richtig, stoßen im alltäglichen Umgang mit digitalen Technologien und Anwendungen im Gesundheitsbereich aber noch auf Hürden. Ob elektronische Patientenakte, E-Rezept oder KI in der Medizin: Wir müssen die Kompetenzen zum Umgang mit digitalen Gesundheitstechnologien und -Anwendungen stärken.“

Grundlagen für eine Kompetenzbildung sind den Erkenntnissen zufolge vorhanden: 98 Prozent der Menschen haben schon vom E-Rezept, dessen Einführung im Sommer 2023 begonnen hat, und 93 Prozent von der elektronischen Patientenakte gehört. In der Nutzung digitaler Tools zur Unterstützung von Gesundheit und Wohlbefinden sind Smartphone-Besitzer zudem versiert, bei fast 70 Prozent sind Gesundheits-Apps im Einsatz, oft auch in Verbindung mit weiteren smarten Geräten.

Elektronische Patientenakte und das E-Rezept – Datenlage der Bitkom-Studie

Zwar gibt es die ePA bereits seit Anfang 2021, hier zeigt das Zahlenwerk jedoch trotz der zum Jahreswechsel anstehenden Überführung noch deutliche Zurückhaltung. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nutzt aktuell nur rund ein Prozent der Versicherten die elektronische Patientenakte. Immerhin 71 Prozent wollen dies laut Bitkom-Studie künftig tun, der Zuspruch ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. „Mit der elektronischen Patientenakte erhalten die Versicherten einen schnellen Zugriff auf ihre medizinischen Daten, ihre Diagnosen und auch Dokumente wie Impf- oder Mutterpass. Sie werden dadurch als Patientinnen und Patienten souveräner und mündiger“, beschreibt Raab die Vorteile. Die potenziellen Nutzer erkennen diese Vorteile, das belegt die Studie. Diejenigen, die die ePA ablehnen, fühlen sich nicht ausreichend informiert (50 Prozent) oder empfinden sie als zu kompliziert (41 Prozent).

Seit Jahresbeginn erhalten die Versicherten der GKV verschreibungspflichtige Arzneimittel nur noch per E-Rezept, das mit der elektronischen Gesundheitskarte, per App oder auch mittels Ausdrucks eingelöst werden kann. Die digitalen Verfahren konnten hier überzeugen: 54 Prozent verwenden die Gesundheitskarte, 20 Prozent bevorzugen die E-Rezept-App und nur noch 14 Prozent setzen auf den Papierausdruck – vor einem Jahr waren es noch zehn Prozent mehr. „Die Umstellung auf das E-Rezept betrifft nicht nur die Patientinnen und Patienten sowie die Apotheken, sondern auch die Ärztinnen und Ärzte. Die Einführung neuer Prozesse – dazu zählen auch die unmittelbare Signatur und Freigabe der digitalen Rezepte in den Praxen – ist mittlerweile aber auf einem sehr guten Weg“, betont Christina Raab.