Patientenaufnahme im Krankenhaus – viel Dokumentation, wenig Digitalisierung

Die Patientenaufnahme im Krankenhaus, so einfach wie der Online Check-in beim Fliegen? Ein digitales Aufnahmemanagement im Krankenhaus kann Mitarbeiter und Patienten im Krankenhaus entlasten, Wartezeiten und den Dokumentationsaufwand verringern und für einen reibungsloseren Ablauf bei der Aufnahme sorgen. Festgefahrene Strukturen und strenge Regulierungen in Krankenhäusern erschweren allerdings die Einführung innovativer, digitaler Lösungen für die Patientenaufnahme. Die Dokumentationspflicht in deutschen Krankenhäusern ist für Mitarbeiter und Patienten auch heute noch immer eine große Belastung.

Helmut Laschet, Vize-Chefredakteur der Ärztezeitung über nschwellende Papierakten und Doppelerfassungen in der Patientenaufnahme im Krankenhaus.

POLAVIS im Gespräch mit Andrea Nawroth, Leiterin des Patientenmanagements und Jana Kalmutzke, stellvertretende Leiterin des Patientenmanagements in der Caritas Klinik Pankow

Patientenmanagement in der Caritas Klinik Pankow, die Arbeit beginnt bei der Patientenaufnahme

Ist man als Leiterin bzw. stellvertretende Leiterin des Patientenmanagements auch noch in Kontakt mit Patienten oder nur noch organisatorisch im Krankenhaus tätig?

Jana Kalmutzke: Ja, aber seltener. Ich bin ungefähr einmal in der Woche in der Patientenaufnahmetätig oder wenn es mal voll wird oder bei krankheitsbedingten Ausfällen von Mitarbeitern.

…die Patientenaufnahme in Ihrer Klinik machen also keine Krankenschwestern?

Jana Kalmutzke: Nein, wir haben zwei Aufnahmen für Patienten. Zum einen unsere Notaufnahme, da sind es Arzthelfer, welche die Aufnahme machen. Und dann haben wir unsere elektive Patientenaufnahme für die geplanten Patienten. Hier machen ausgebildete Verwaltungsmitarbeiter die Patientenaufnahme.

..es gibt also zwei Anlaufstellen und nicht eine zentrale Patientenaufnahme?

Andrea Nawroth: Richtig, die Mitarbeiter für das Patientenmanagement sind normalerweise von 6:30 – 15:00 da, die Notaufnahme hingegen ist sieben Tage rund um die Uhr geöffnet. Wir kümmern uns also um die Patienten in der elektiven Aufnahme, die ungefähr ein Drittel der gesamten Patienten ausmachen. Was die Administration und Dokumentation angeht, sind wir für alle Patienten im Krankenhaus zuständig.

Was sind die Prioritäten bei der Gestaltung der Patientenaufnahme in Ihrem Haus?

Andrea Nawroth: Wir möchten natürlich ein angenehmes, ordentliches und ein sauberes Erscheinungsbild vermitteln, sodass sich die Patienten bei uns wohl und aufgehoben fühlen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, achten wir auch darauf, dass wir und unsere Klinikmitarbeiter uns ebenso in unseren Räumlichkeiten wohl fühlen. Wenn Menschen krank sind, befinden sie sich in einem Ausnahmezustand und Patienten sollen sich vertrauensvoll an unsere Mitarbeiter wenden können, die kompetent und freundlich sind und ein sicheres Auftreten haben. Ein menschlicher Umgang ist uns hier sehr wichtig. Wir möchten in der Patientenaufnahme unseres Krankenhauses unnötige Hektik und Stress vermeiden.

Inwieweit ist es möglich, Wartezeiten zu vermindern und Termintreue einzuhalten? Welche Faktoren müssen hier bei der Aufnahme zusammenspielen?

Andrea Nawroth: Bei uns in der elektiven Patientenaufnahme kommen die Patienten in das Wartezimmer und dort weisen wir darauf hin, dass die Patienten den Behandlungsvertrag durchlesen und ausfüllen sollten. Denn der Behandlungsvertrag ist immerhin 6 Seiten lang und es ginge wertvolle Zeit verloren, wenn man den Vertrag erst während des Aufnahmegespräches ausfüllt. Hier möchten wir die Wartezeit für die Aufnahme effektiv nutzen.

Füllen alle Patienten den Behandlungsvertrag auch schon im Wartezimmer aus oder gibt es auch Patienten, die das nicht tun?

Jana Kalmutzke: Ja, eigentlich machen alle Patienten das. Da haben wir hier einen gewissen Automatismus. Wenn wir Patienten aufrufen, sehen wir, ob die anderen Patienten dabei sind den Behandlungsvertrag auszufüllen und können im Zweifel noch einmal darauf hinweisen, dass sie den Vertrag ausfüllen sollen. Das kann man ja ein bisschen steuern.

Wird bei Ihnen im Krankenhaus generell alles auf Papier dokumentiert oder dokumentiert ihr auch digital?

Jana Kalmutzke: Es wird erst einmal alles auf Papier dokumentiert. Die Patienten füllen erst den Vertrag aus und kommen dann zu uns in die Aufnahme. In der Patientenaufnahme überprüfen wir die ganzen Stammdaten, scannen die Verträge ein und der Patient bekommt das Original wieder mit.

Wäre es nicht einfacher, wenn die gesamte Patientenaufnahme digital ablaufen würde?

Andrea Nawroth: Ja, das hoffen wir auch, dass das irgendwann digital möglich ist. So etwas ist eben immer eine Kostenfrage. Hier macht es Sinn, mit unserem Software-Anbieter zusammenzuarbeiten, anstelle mit einem externen Anbieter, sonst gibt es ja wieder ein Schnittstellenproblem. Prinzipiell könnte man den 6-seitigen Vertrag natürlich auf einem Tablet digital darstellen und vom Patienten ausfüllen lassen. Die Optionen könnte man über ein Dropdown-Menü direkt auswählen und die Informationen würden direkt in unserem System gespeichert werden und mit einer biometrischen Unterschrift wäre das Ganze auch rechtssicher. So eine digitale Lösung würde wahnsinnig viel Zeit, Aufwand und Papier ersparen.

Momentan werden die Verträge für die Aufnahme ausgedruckt, der Patient füllt sie aus, wir schauen sie noch einmal durch, dann scannen wir sie wieder ein. Bei der elektiven Patientenaufnahme geht das alles noch zeitnah, aber die gleichen Verträge müssen die Patienten, welche über die Rettungsstelle aufgenommen werden, auch ausfüllen. Sofern die Patienten es können, füllen sie die Verträge aus, aber manchmal ist die Zeit knapp, man muss schnell reagieren oder die Patienten wollen nicht oder sind nicht in der Lage, den Vertrag auszufüllen. Diese Verträge kommen am nächsten Werktag in die Patientenverwaltung. Dann brauchen wir einen Mitarbeiter, der diese morgens einscannt, damit es im System ist, weil wir dann selektieren müssen, wer alles in der letzten Nacht gekommen ist, wer ist versichert und wer ist nicht versichert, wo müssen die Mitarbeiter der Patientenaufnahme hingehen, um fehlende Daten beim Patienten einzuholen.

Der größte administrative Aufwand bleibt also bei euch hängen?

Andrea Nawroth: Alle 24.000 Patienten pro Jahr, ob ambulant oder stationär behandelt, laufen administrativ über die Patientenaufnahme. Perspektivisch wäre die Einführung eines Tablets eine große Erleichterung für alle Patienten und Mitarbeiter.

Wenn es um die Abrechnungen, die Rechtssicherheit und die Patientenverwaltung geht, liegt ja sehr viel Verantwortung bei der Patientenaufnahme.

Jana Kalmutzke: Stimmt, bei der Patientenaufnahme fängt es an, wenn bei der Aufnahme die Daten fehlen, dann fehlen den beteiligten Abteilungen im Krankenhaus wichtige Informationen zu den Patienten. Wenn zum Beispiel in der Patientenaufnahme die Versicherung nicht geklärt wird oder keine Versicherung angelegt wird, dann würde es in der Patientenverwaltung stocken. Oder wenn Selbstzahler oder ein Privatpatient, der nicht will, dass wir mit seiner Krankenkasse abrechnen, aufgenommen wird, ohne seine Adresse zu registrieren, dann wissen wir nicht, wo wir die Rechnung hinschicken müssen. Wir müssen festhalten, wenn ein Patient zuzahlungsbefreit ist oder wenn ein Patient nicht möchte, dass wir die Befunde an seinen Hausarzt weiterleiten.

In der Rettungsstelle ist es natürlich ein anderes Arbeiten als bei der elektiven Aufnahme und es läuft nicht so planbar ab. Aber auch hier kontrollieren wir alle Daten der neu eingetroffenen Patienten. Wenn etwas fehlt, müssen wir der Sache nachgehen.

Wie viele Mitarbeiter seid ihr insgesamt und welche Fähigkeiten braucht man für die Patientenaufnahme im Krankenhaus?

Andrea Nawroth: Das Patientenmanagement besteht aus neun Mitarbeitern. Bei der Patientenaufnahme gibt es zwei Mitarbeiter. Bei Bedarf, meistens vormittags, springt ein Mitarbeiter vom Patientenmanagement in der Aufnahme mit ein. Man muss bei unserer Arbeit flexibel sein, sich gut im Team abstimmen können, vor allem auch, wenn es um die Urlaubsplanung geht. Man muss aber auch sehr präzise arbeiten. Zum einen hören wir teilweise, dass wir mit dem verwaltungstechnischen Ablauf sehr penetrant sind, auf der anderen Seite sind wir die schwarzen Schafe, wenn Daten unvollständig sind und es nicht zur Rechnungslegung kommen kann.

Seit der Einführung der DSGVO, sind die Arbeitsabläufe noch aufwändiger geworden. Hier kommen neue Richtlinien hinzu, welche die Ärzte und Pflegekräfte natürlich erst einmal nicht auf dem Schirm haben. Wir möchten die Arbeitsabläufe nicht komplizierter machen, aber wir müssen auf diese Richtlinien hinweisen, denn wenn es einmal zum Gerichtsprozess kommt, haben wir schlechte Karten und das wollen wir natürlich vermeiden.

Sind diese Herausforderungen in der Patientenaufnahme aller Krankenhäuser anzutreffen?

Andrea Nawroth: Ja, wenn man in andere Häuser geht, merkt man, dass alle mit dem gleichen Wasser kochen. Es wird einem schnell klar, dass die strukturellen Probleme und die Bürokratie in allen Krankenhäusern Herausforderungen sind und es hier grenzüberschreitende Lösungen geben muss.

Welche Verbesserungen wünscht ihr euch? Habt ihr Ansprüche und Vorstellungen für eine Patientenaufnahme der Zukunft?

Andrea Nawroth: Ja, dass Patienten die Dokumentation digital zum Beispiel über ein Tablet bei uns in der Aufnahme durchführen können und wir die Daten direkt im KIS hinterlegt haben und alle Abteilungen darauf zugreifen können. Dass es keine Medienbrüche gibt, dass Daten nicht doppelt eingegeben werden müssen und in der Maske schon vorselektiert werden können. Noch besser wäre natürlich, wenn Patienten die Dokumente vor dem Eintreffen im Krankenhaus von zu Hause aus ausfüllen können. Genauso wie beim Online Check-in beim Fliegen. Viele Patienten kommen völlig aufgelöst zu uns, sind vielleicht zum ersten Mal in einem Krankenhaus und kommen beispielsweise für eine OP unter Vollnarkose. Das sind keine guten Voraussetzungen, um sich alle Aufklärungsbögen durchzulesen und auszufüllen.

Da kann man die ganzen Informationen nicht richtig aufnehmen und vergisst auch schon mal, welche Medikamente man nimmt oder nicht verträgt, welche Allergien man hat oder welche Vorerkrankungen man hatte. Wenn Patienten sich die Informationen zu Hause in Ruhe durchlesen können und bei Bedarf mit ihren Angehörigen besprechen können, wäre das weitaus besser. Eine digitales Patientenportal, das uns hier bei unserem Aufnahmeprozess unterstützt, wäre für uns eine deutliche Arbeitsentlastung und würde dabei helfen, unsere Termintreue besser einzuhalten.