Process Mining durchleuchtet die Krankenhausabläufe
Patienten und Krankenhausmitarbeiter wissen gleichermaßen, dass die Abläufe und Strukturen in Kliniken anspruchsvoll sind. Patienten sehen in erster Linie Wartezeiten, Laufwege und Aufenthaltslänge. Kliniken haben einen anderen Blick auf den Patientenfluss: sind Mitarbeiter-Kapazitäten und Ressourcen optimal eingesetzt, wie werden Verschiebungen oder Absagen von Diagnostik und Therapie minimiert. Inzwischen gehen viele Häuser über die räumlichen Grenzen hinaus nach außen und nutzen digitale Patientenportale, um die Patienten direkt in diese wichtige Ablaufplanung und -steuerung zu integrieren. Am Ende zahlt all dies auf das Gesamtziel ein, den optimalen Behandlungspfad mit einer minimalen Verweildauer unter der gewünschten Qualität zu erreichen.
Das Konzept der Clinical Pathways gibt es schon lange, doch meist ist es schwierig, diese differenziert und in der Breite im Klinikalltag zu verankern. Das Problem: so wie auch bei Zertifizierungen dokumentieren sie primär einen SOLL-Prozess, ohne den tatsächlichen IST-Prozess zu erfassen und zu bewerten. Es fehlt schlichtweg an Dynamik. Und an Transparenz, da viele Faktoren das Ergebnis beeinflussen und die Verantwortung nach Dienstarten und Bereichen getrennt ist.
Process Mining ermöglicht Krankenhäusern, in diesem herausfordernden Terrain den richtigen Startpunkt für die Optimierung zu setzen. Klassisch steht die Methodik für das Auslesen des Ist-Zustandes eines Systems und daraus folgend die Rekonstruktion des tatsächlichen Prozesses. Dazu werden Datenpunkte ausgelesen und in einen zeitlichen und logischen Kontext gesetzt. Die Visualisierung der Ergebnisse schafft einen schnellen Zugang zu den individuellen Handlungsfeldern – auf Basis der Echtdaten. Inzwischen können Process Mining Tool durch die Kombination mit KI-Verfahren oder Big Data auch die Optimierung selbst und das Monitoring unterstützen.
Exemplarische Einsatzfelder für Process Mining im Krankenhaus
- Verweildauer Management
Prozessbedingte Ansatzpunkte zur Senkung der Verweildauer nach DRG-Bereichen, Dimensionierung und Nutzung einer Aufnahmestation, Belegungsverhalten und Patientenfluss IMC und INT, Zeitgerechte Entlassung über eine Holding Area - OP Management
Verbesserung der Auslastung der OP-Bereiche, Reduktion der Saal-Betriebszeiten, Trennung ambulanter und hochfrequenter OPs aus den Zentralbereichen, Planung von Notfallkapazitäten, Vergabe von Kontingenten - MD Prüfungen
Prüfungssichere und automatisierte Abrechnungsprozesse, zeitgerechte Erbringung und Dokumentation der Leistungen, Einhaltung von SOPs und Standards
Der Mehrwert von Process Mining zeigt sich besonders in hoch komplexen und kostenintensiven Bereichen wie dem OP. Moderne OP-Systeme liefern heute einen hohen Dokumentationsgrad und damit eine umfangreiche Datenbasis. Diese kann für die Analyse jedoch erst mit Process Mining Tools klinikweit zusammengeführt werden, um eine End-to-End Sicht der Kennzahlen zu erzeugen. Verschiebungen und Verspätungen im OP-Programm werden in der Regel entweder den Operateuren oder den OP-Managern zugeschrieben; eine objektive Faktenbasis zu den Prozessabläufen und -brüchen mit den zugehörigen Zeitstempeln ermöglicht dagegen eine emotionsfreie und zielführende Beurteilung.
Process Mining vermeidet somit aufwendige manuelle Prozessaufnahmen und liefert sofort präzise Struktur- und Ablaufgrößen, um Maßnahmen für einen nachhaltig gesteuerten Umsetzungsprozess auf Basis von kennzahlenbasierten Steuerungsmodellen zu definieren.
Quelle: 4C GROUP AG – Steuerungsmodell im OP-Management
Damit die Wunderwaffe Process Mining eingesetzt werden kann, ist der tiefgehende Zugriff auf die Kliniksysteme erforderlich. Während in der Industrie in erster Linie Cloud-Lösungen eingesetzt werden, ist im Krankenhausbereich daher ein On-Premise Zugriff ratsam, sofern nicht mit Datenabzügen gearbeitet wird. Um eine breite und profunde Analyse zu ermöglichen, können je nach Fokusbereich zusätzlich die Subsysteme (OP, RIS, LIS) sowie die Abrechnung (SAP) angebunden werden. Hier sind die Experten gefragt, die mit Patientendaten umgehen und inhaltlich die richtigen Kontexte herstellen können.
Im Optimalfall wird die Datenintegration über eine digitale Plattform hergestellt, so dass die Integrationsarbeit nur einmalig und zentral erfolgen muss. Darüber hinaus hat die Direktanbindung den Vorteil, dass nach dem Process Mining auch direkt die Steuerung und das kontinuierliche Monitoring erfolgen kann. Dadurch wird die angesprochene Dynamik erreicht, die zur effektiven Prozessverbesserung notwendig ist.