Roland Berger IT-Monitor – Kliniken setzen auf spezialisierte Portalanbieter

Zum Jahresende hat die Strategieberatung Roland Berger einmal mehr ihren Krankenhaus IT-Monitor veröffentlicht und darin aktuelle Entwicklungstrends der Versorgerlandschaft aufgegriffen. In den regelmäßigen Erhebungen werden Geschäftsführungen und IT-Leitungen von Krankenhäusern verschiedener Größen in Deutschland befragt. Aktuell stehen die Beschaffung und Implementierung digitaler Patientenportale im Mittelpunkt, ergänzt um Fragestellungen der Vernetzung, Kollaboration und Interoperabilität.

„Leitmotiv des aktuellen IT-Monitors sind Patientenportale – eine Wahl, die den Stellenwert in der neuen IT-Landschaft der Krankenhäuser sicherlich zu Recht unterstreicht“, so Dr. Manuel Iserloh, Geschäftsführer der POLAVIS GmbH. In den bisherigen KHZG-Jahren sind die Häuser unterschiedlich weit vorangeschritten, was die Implementierung der geforderten Tatbestände angeht. Die Roland-Berger-Studie belegt: Das Patientenportal wurde teilweise frühzeitig, aber überwiegend zum Ende der Fristensetzungen und damit mit einem hohen Lernkurvenniveau angegangen. Spannend ist die aufgezeigte Anbieter-Verteilung der Projektbeauftragungen: Trotz Omnipräsenz der KIS-Anbieter konnten sich in den Verfahren mehrheitlich fokussierte Portalanbieter durchsetzen, zu denen POLAVIS zählt.

Implementierungs- und Nutzungsgrade sehr unterschiedlich

Nur etwas mehr als die Hälfte der Krankenhäuser gab während des Befragungszeitraums im vergangenen Sommer an, bereits ein Patientenportal gemäß des Fördertatbestands 2 beauftragt zu haben. „Unsere Wahrnehmung des Ausschreibungsgeschehens ist ähnlich. Erst in den letzten beiden Quartalen 2024 haben außerordentlich viele Versorger ihre Ausschreibungen unter Ausnutzung der verfügbaren Zeitfenster rechtzeitig abgeschlossen“, kommentiert Dr. Manuel Iserloh den positiven Jahresverlauf. „Interessant sind die getroffenen Aussagen zum Umfang der implementierten Funktionalitäten und deren tatsächlicher Nutzung. Bei der Implementierung liegen Terminanfrage und -vereinbarung, der Austausch von Nachrichten und die Übertragung von Dokumenten vorn.“ Die Autoren benennen die erheblichen Mehrwerte für die Patienten als Grund für diese Auswahl. Größere Fragezeichen hinterlassen dagegen die geringen Anzahlen an Nennungen anderer MUSS-Kriterien. Viele Versorger befinden sich inmitten ihrer Einführungsprojekte bzw. setzen Funktionalitäten sukzessive um – ein in der Praxis sehr sinnvolles Vorgehen.

Die Rückmeldungen zum Nutzungsgrad der digitalen Angebote sind entsprechend noch zurückhaltend: Die genannten Funktionalitäten aus dem Bereich des Aufnahmemanagements werden langsam etabliert. Zuspruch finden vor allem Mehrwerte, die sich den Patientinnen und Patienten während ihres ambulanten oder stationären Aufenthalts bieten und von diesen vor Ort erlebbar sind. Als Grund identifiziert der IT-Monitor unter anderem fehlendes Marketing gegenüber Mitarbeitern und Patienten. „Das Thema Portal ist den Verantwortlichen seit langem präsent, nun müssen Patientinnen und Patienten, externe Partner und Mitarbeitende geeignet informiert und aktiviert werden. Unseren Kunden geben wir mit einem entsprechenden Whitepaper zu Marketing und Kommunikation ihrer Patientenportale entsprechende Hinweise und Tipps an die Hand.“

Eine Ärztin im weißen Kittel nutzt das POLAVIS Patientenportal auf ihrem Pad.

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Spezialisierte Portalanbieter sind die erste Wahl

In der Vorausgabe des IT-Monitors hatte sich Roland Berger mit der Rolle des Klinik-Informations-Systems (KIS) auseinandergesetzt und mit den Befragungsergebnissen aufgezeigt, dass fast drei Viertel der Versorger an ihrem bestehenden Kernsystem langfristig festhalten wollen. Begründung: personelle Ressourcen, Kosten und das mit dem Wechsel verbundene Risiko. „Neu einzuführende digitale Lösungen wie ein Patientenportal müssen sich in die bestehende IT-Architektur und -Infrastruktur einpassen und ins richtige Verhältnis zum KIS gesetzt werden. Losgelöste Systeme führen zu Redundanzen und diese zu Mehrarbeit und sicher berechtigten Widerständen bei den Anwendern. Das muss sowohl in der Entwicklung berücksichtigt werden als auch anschließend im Einführungsprojekt.“

Das aktuelle Zahlenwerk zeigt: 60 Prozent setzen unabhängig vom KIS auf die Expertise dedizierter Patientenportal-Anbieter, die sich voll auf die digitalen Prozesse und deren Weiterentwicklung fokussieren, bei denen es also das Kerngeschäft ist. „Die Autoren des Beratungshauses sehen darin die Abkehr von Monolithen und den Wunsch nach Funktionalität. Die erhobenen Zahlen unterstreichen, was wir erleben: Fast eine Dekade Erfahrung, volle Konzentration auf Portalfunktionalitäten und ein Blick auch über die Kriterienkataloge hinaus zahlen sich aus. In guten Patientenportalen stecken langfristige Chancen, die erkannt werden.

Personalknappheit, finanzielle Mittel und Schnittstellenherausforderungen

Neben der Erfahrung und der Fähigkeit der Krankenhäuser, notwendige Schnittstellen adäquat beschreiben und rechtzeitig beauftragen zu können, spielt auch die Erfahrung mit der inhaltlichen Ausgestaltung der Systemkommunikation eine gewichtige Rolle: „Die Einrichtung von Schnittstellen ist nur mit konkreten Use-Cases und echten Inhalte sinnvoll möglich; hier ist daher Praxiserfahrung nötig.“ Dementsprechend benennen Krankenhäuser diese Kosten als eine der Hauptschwierigkeiten bei der internen Vernetzung von Systemen und klinischen Einrichtungen.

Einer zügigen Digitalisierung steht häufig das Fehlen geeigneten Fachpersonals im IT-Bereich im Wege. „Auch dieser Gesichtspunkt zieht sich bereits durch mehrere KHZG-Jahre. Was diese Ressourcen angeht, steht das Gesundheitswesen leider in Konkurrenz zur freien Wirtschaft und selbst dort ist es überwiegend schwierig, IT-Kompetenz in ausreichender Breite und Tiefe aufzubauen. Fehlt adäquates Personal, kommt es zu Projektverzögerungen oder -ausfällen. Hier unterstützen wir unsere Kunden, helfen das Gesamtgemenge aller Projekte zu überblicken und Umsetzungen in der richtigen Reihenfolge anzugehen.“

Portallösungen als Basis der Vernetzung

Die deutliche Mehrheit der befragten Krankenhäuser beteiligt sich bereits an multizentrischen beziehungsweise intersektoralen Netzwerken. Die Zusammenarbeit findet beispielsweise in digitalen Tumorboards und Telekonsilen statt. „Wirklich spannend ist der Ansatz, übergreifend einheitliche oder sogar gemeinsame Prozesse zu nutzen. Verfolgt man diesen Gedanken konsequent weiter, dann sind für verschiedene Funktionsbereiche sogar echte Shared-Service-Center denkbar – über einzelne Sektoren oder unterschiedliche Versorger hinweg. ‚Center‘ bezieht sich dabei auf die Organisationsform, denn die geteilten Ressourcen können dezentral verankert werden. Steigende Kosten und fehlende personelle Ressourcen sorgen für Handlungsdruck in dieser Richtung; zudem bieten die eingeführten Patientenportale bereits eine passende technische Ausgangsbasis. In dieser Richtung erwarten wir in der näheren Zukunft deutliche Veränderungen.“