Auf dem Weg in die Zukunft – das digitale Krankenhaus beim ÖCK in Salzburg
Wie kommen digitale Lösungen und Innovationen in den Kliniken zur Umsetzung und bewirken dort einen messbaren Mehrwert? Vom 08.-11. Juni 2021 fand in Salzburg der 62. Österreichische Chirurgenkongress statt. Unter der Überschrift „Digitale Transformation – What’s next“ diskutierten namenhafte Podiumsdiskutanten zur Eröffnung des Kongresses über die digitale Zukunft der Krankenhäuser und Trends im Gesundheitswesen. Unter Moderation von Köksal Baltaci, „Die Presse“, nahmen die Diskutanten Stellung zu Möglichkeiten und aktuellen Herausforderungen für Kliniken im Hinblick auf die Umsetzung geeigneter Digitalstrategien.
Die Podiumsdiskutanten
Dr. Jama Natequi, CEA Symptoma GmbH
Univ-Prof. Dr. Wolfgang Söllner, Vizerektor Paracelsus Medizinische
Privatuniversität Nürnberg
Dr. Manuel Iserloh, Geschäftsführer POLAVIS GmbH
Dr. Franz Leisch, Geschäftsführer ELGA GmbH
Peter McDonald, Director Strategy & Innovation Johnson & Johnson
Priv. Doz. Dr. Paul Sungler, Geschäftsführer SALK Salzburger Landeskliniken
Hängepartie – Experten fordern mehr Tempo beim digitalen Ausbau des Gesundheitswesens
Die Entwicklung hat begonnen. So werden in den österreichischen Kliniken bereits viele Anstrengungen unternommen, um Digitalisierungsprojekte auf den Weg zu bringen. Dennoch stellen insbesondere die hohen Datenschutzanforderungen sowie die komplexe technische Integration die größten Digitalisierungshürden für Kliniken dar. Dabei liegen die Herausforderungen aber nicht nur auf Seiten der Krankenhäuser, auch Patienten seien es noch nicht gewohnt, per App mit der Klinik zu kommunizieren und digital Daten auszutauschen, so PD Dr. Paul Sungler von den Salzburger Landeskliniken. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wird hier an Digitalisierungsprojekten gearbeitet, wie z.B. an der digitalen Vernetzung und dem Online Datenaustausch zwischen Radiologien in der Region.
Einigkeit besteht bei den Diskutanten vor allem über die Notwendigkeit eines höheren Tempos beim Ausbau des digitalen Gesundheitswesens. Dies gelte insbesondere für die Optimierung und Digitalisierung der Patientenaufnahme in Krankenhäusern. Dabei gehe es nicht nur darum, schlechte analoge Abläufe digital abzubilden, sondern diese mit den modernen technischen Möglichkeiten zu unterstützen und neu zu definieren. Digitale On-Premise Patientenportale seien bereits heute vielfach in Kliniken eingesetzt und zeigen diverse Entlastungsmöglichkeiten für Mitarbeiter durch Online Terminvergaben sowie ein digitales Aufnahme- und Behandlungsmanagement auf, so Dr. Manuel Iserloh, Geschäftsführer der POLAVIS GmbH. Darüber hinaus seien die Online-Portale vollständig mit den zuvor adressierten Datenschutz- und IT-Sicherheitsproblematiken vereinbar. Diese Richtung sei maßgeblich, so der Tenor der Runde, damit durch digitale Daten die Patientensicherheit und Behandlungsqualität steige.
Nutzung klinischer Daten für KI
Neben einem digitalen Aufnahme- und Behandlungsmanagement ermöglichen digitalen Daten auch die Unterstützung der Diagnostik und Therapie unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz. KI-Systeme seien die Voraussetzung für Präzisionsmedizin, die zukünftig eine tragende Rolle in der Gesundheitsversorgung spielen werde, so Dr. Jama Natequi, CEA der Symptoma GmbH. Für die Entwicklung und Anwendung fehle es jedoch an Incentives und Finanzierungen, ohne die eine Umsetzung der Projekte für Krankenhäuser aus eigener Kraft nicht möglich wären.
Prof. Wolfgang Söllner, Vizerektor der PMU Nürnberg, sieht den Einsatz von KI auch über die Finanzierungsproblematik hinaus in einem kritischen Licht. Krankenhäusern und Ärzten fehle es vielfach noch an Erfahrung im Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Studien zu Folge käme es bei einer zunehmenden, KI-basierten Automatisierung von Tätigkeiten und Aufgaben zu einer drastischen Verschiebung des Berufsbildes für Ärzte und der Patientenversorgung. Folglich sei ein langsameres Vorgehen bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz in diesem Bereich eher als Vorteil denn als Nachteil zu betrachten.
Fehlende Anreize und Finanzierungen für Kliniken
Fehlende Anreize und Finanzierungen für Kliniken
Im Hinblick auf die Frage der Finanzierung forderten die Podiumsdiskutanten die Bereitstellung der notwendigen Mittel bzw. einen geregelten Rahmen für Innovationsleistungen. Die Abschaffung von Papier allein liefere dem Krankenhaus noch keinen ausreichenden finanziellen Anreiz zur Investition in Digitalisierung. Vielmehr bedarf es grundsätzlich veränderter Arbeits- und Denkweisen, stellte Dr. Franz Leisch, Geschäftsführer der ELGA GmbH, klar. Dies zeige sich am Beispiel der ELGA-Transaktionen, die aufgrund der wachsenden Akzeptanz in der Bevölkerung während der Corona-Pandemie von 20 auf 500 Millionen pro Tag angestiegen seien.
Mit Blick auf den kommenden Herbst erwartet Dr. Sungler eine vierte Corona-Welle. Die Diskutanten würdigten dazu die bisherige Reaktionsfähigkeit der österreichischen Kliniken. Eine weitergehende Digitalisierung könne die Häuser zusätzlich unterstützen und für weitere Entlastung sorgen, wenn durch den Einsatz innovativer Lösungen persönliche Kontakte vermieden und die Vorbereitungen zur Patientenaufnahme in der Klinik vorab online erfolgen können.