Erwartungen und Vorteile eines Patientenportals – Studienergebnisse
Weit mehr als eintausend gestellte Förderanträge für Patientenportale nach FTB 2 stehen für den Aufbau einer flächendeckenden Portallandschaft im deutschen Gesundheitswesen. Ausschlaggebend für die Kliniken sind die gesetzliche Notwendigkeit und die darin verankerten finanziellen Mittel beziehungsweise drohenden Bußgelder. Das Patientenportal nimmt im Krankenhauszukunftsgesetz aber zu Recht eine prominente Rolle ein, denn es bietet in seiner konzipierten Umsetzung umfangreiche Vorteile für alle Seiten.
In einer repräsentativen Studie – „Vorteile und Herausforderungen beim Einsatz KHZG-konformer digitaler Patientenportale aus klinischer Sicht“ – wurden im Oktober und November des letzten Jahres bundesweit 125 Kliniken und Krankenhäuser befragt. In mehr als der Hälfte der Häuser gaben Geschäftsführung, Leitung Aufnahmemanagement oder Pflegedienst, Mitarbeiter aus dem Personal-, IT- oder dem Digitalisierungsbereich ausführliche Antworten und zeichneten damit ein aussagekräftiges Bild der Erwartungshaltung gegenüber den Patientenportalen.
„Die Relevanz des Themas ist deutlich zu spüren und die Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie war bemerkenswert“, lässt Roylan Nazman von der Wiesbaden Business School (Hochschule Rhein-Main) die telefonische Erhebung der Datengrundlage Revue passieren. „Aufbauend auf der Expertise des Portalanbieters POLAVIS haben wir fünf einzelne Thesen zu den Vorteilen eines Patientenportals aufgestellt und in einem durchaus umfangreichen Fragebogen operationalisiert. In den Interviews mit den Klinikverantwortlichen habe ich viel positive Bestätigung für unsere Annahmen und das Patientenportal insgesamt erfahren.“
Verbesserung der Kommunikation und Vereinfachung administrativer Prozesse
„Mit Einführung eines Patientenportals öffnet sich ein Krankenhaus gegenüber Patienten und Angehörigen im digitalen Raum und bietet dort eine effiziente und weitgehend selbstbestimmte Interaktionsmöglichkeit an“, fasst Dr. Manuel Iserloh, Geschäftsführer POLAVIS, den Digitalisierungsschub zusammen. „Für uns steht das Portal für eine verbesserte Kommunikation zwischen Versorgern und Versorgten. Entsprechend wurden auch unterschiedliche Dimensionen der Kommunikation in die Studie aufgenommen.“
Die Mehrheit der Befragten schätzt das Potenzial eines Patientenportals zur Verbesserung der täglichen Arbeit insgesamt als sehr hoch ein. Besonders trifft das auf die anliegengerechte Terminierung (95 Prozent Zustimmung), auf Terminverschiebungen (92 Prozent) und die digitale Informations- und Dokumentenbereitstellung (93 Prozent) zu. Rund 80 Prozent der Befragten nannten zudem die bessere Erreichbarkeit der Patientinnen und Patienten sowie eine zeitnahe Bereitstellung von Ergebnissen und Befunden. Die Kommunikation wird also nicht nur über mehrere Ebenen hinweg verbessert, es werden auch bestehende Problemfelder adressiert, insbesondere in den operativen Abläufen.
Mehr als zwei Stunden Zeitersparnis pro Woche
„Die Interviews haben bestätigt, dass bei Terminanbahnung und in der Administration der Patienten deutliche Verbesserungen erwartet werden“, unterstreicht Roylan Nazman den Beitrag des Patientenportals zur Zukunftsfähigkeit. „Krankenhäuser verstehen sehr gut, dass die eigenen Prozesse durch die Portaleinführung in ihrer Effizienz verbessert werden und dass das zu Zeiteinsparungen führen wird.“
Die bisherige Kommunikation verläuft oftmals über Telefon (Terminkoordination), vor Ort (Dokumentenübergabe) und per Post (Zusendung von Ergebnisdokumenten). Diese Art des Austauschs ist sowohl orts- und zeitgebunden als auch zeitintensiv. Etwa 90 Prozent der Befragten schreiben der Kommunikation über ein Patientenportal eine Zeitersparnis von mehr als zwei Stunden pro Arbeitswoche zu. Diese Aussage bestätigt das Potenzial der Portallösung hinsichtlich Prozessoptimierung und Wirtschaftlichkeit. Das ist mit Blick auf den bestehenden Fachkräftemangel und eine optimale Ressourcennutzung ein wichtiger Aspekt, weil beispielsweise Mitarbeitende in der Aufnahme merklich entlastet werden.
Krankenhäuser sind sich der Hürden bewusst
„Aus Gesprächen mit Interessenten und Kunden nehmen wir immer wieder mit, dass den Versorgern durchaus sehr bewusst ist, welche Hürden einer Portalnutzung zunächst im Wege stehen“, fasst Manuel Iserloh zusammen, was an weiteren Grundlagen in die Studie eingeflossen ist. „Im ersten Schritt ist es das Wissen, dass eine – aus Patientensicht „meine“ – Gesundheitseinrichtung überhaupt ein Portal anbietet. Im zweiten Schritt sind es Sorgen um die digitale Affinität der Patientinnen und Patienten. Sind die Hürden aber identifiziert, lässt sich auch gezielt daran arbeiten. Gerade die Bereitschaft und Fähigkeit, digitale Angebote zu nutzen, werden oft deutlich unterschätzt.“
Eine Patientenbefragung des brainwave hubs aus dem Jahr 2022 mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern verschiedener Altersklassen hat festgestellt, dass ein Großteil der Befragten einen intersektoralen und digitalen Datenaustausch vor und nach einer Krankenhausbehandlung begrüßt. Die Befragten möchten persönliche Daten vorab online an das Krankenhaus übermitteln und wünschen sich, dass nachgelagerte Leistungserbringer automatisch informiert werden und Daten online erhalten.
Hilfreich ist, wenn die Krankenhäuser individuell Kommunikationsmaterialien bereitstellen und so Patienten und Angehörige mit Informationsangeboten für das Portal gewinnen. Nicht vergessen werden darf, dass diese sich in Zusammenhang mit Krankenhausaufenthalt und Portalnutzung in der Regel in einer Ausnahmesituation befinden. Das muss in der Aufklärungsarbeit berücksichtigt werden.
Transformation als Chance
Die Digitalisierung der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten steht für die Vereinfachung der zentralen Punkte im Aufnahme- und Behandlungsprozess. „Das Ziel darf aber nicht sein, bestehende Prozesse nur zu elektrifizieren. Die Digitalisierung kann ihr Potenzial erst entfalten, wenn Abläufe komplett neu gedacht werden dürfen“, beruft sich Dr. Iserloh auf die erneut ausgezeichnete Beratungskompetenz seitens POLAVIS. „Das Patientenportal bietet dafür die passende Grundlage und die Vorbereitung der Einführung ist in jedem Fall der passende Zeitpunkt. Es ist ein Transformationsprojekt, das die Organisation und die Arbeit mit Patientinnen und Patienten grundlegend verändert. Die in der Studie bestätigten Erwartungen an die Vorteile des Patientenportals überraschen nicht – das spiegeln unsere täglichen Erfahrungen aus den Einführungsprojekten bei Kunden. Richtig umgesetzt erhalten Mitarbeitende in den Gesundheitseinrichtungen wieder mehr Zeit für ihre Kernaufgabe: die Patientenversorgung. Die knappen Ressourcen können dort eingesetzt werden, wo Bedarf ist: am Patienten. Und persönlich sehe ich auch eine deutlich höhere Zeitersparnis, als der in der Studie abgefragte Schwellenwert von zwei Stunden suggeriert – allein schon, wenn man den Aufwand für Aktensuchen, Telefonate und Rückrufe betrachtet.“