Bedarfsgerechte Patientenportale vermeiden Abschläge
Mehr als 6.000 gestellte Anträge, die das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) für die elf Fördertatbestände (FTB) insgesamt ausweist, unterstreichen die Relevanz der KHZG-Maßnahmen. Bei Weitem hat aber nicht jeder Versorger alle Fördermöglichkeiten beansprucht: Während der FTB 3 (Digitale Dokumentation) mit 1.533 Anträgen rund ein Viertel der Summe ausmacht, wurden nur 26 Bettenversorgungsnachweissysteme (FTB 8) eingefordert. Auch innerhalb der Schwerpunktmaßnahmen FTB 2 bis 6 gibt es signifikante Unterschiede.
Das Zahlenwerk legt nahe, dass viele Kliniken und Krankenhäuser auf eine Antragsstellung in einzelnen Bereichen verzichtet bzw. sich nur bestimmten Themen zugewendet haben. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben: fehlenden Ressourcen zur Antragsstellung, der Weitblick auf fehlende Ressourcen in der Umsetzung oder fehlender Anspruch auf Förderungen. Denn ein genereller Anspruch besteht nicht, das BAS entscheidet entsprechend der formulierten Bedingungen über die Förderung und die entsprechende Bewilligung von Mitteln.
Fehlende Förderung, auch aufgrund fehlenden Anspruchs, entbindet aber nicht von der Vorgabe, die jeweils zutreffenden, geforderten Maßnahmen umzusetzen. In der vom GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. getroffenen Vereinbarung zu den finanziellen Abschlägen wird keine Einschränkung getroffen. Jedes Krankenhaus muss die in den Nummern 2 bis 6 genannten digitalen Dienste bereitstellen, sollte es die Abschläge in Höhe von bis zu zwei Prozent vermeiden wollen. Für die Jahre 2025 und 2026 reicht hierbei zunächst der Nachweis einer Beauftragung.
Portallösung auch ohne Förderung finanziell attraktiv
„Während der Corona-Pandemie waren Versorger aufgrund ihres originären Auftrags oft nicht in der Lage, Ressourcen für strategische Entwicklungen vorzuhalten. Die unsicheren Aussichten auf das Pandemieende haben zudem den allgemeinen Fachkräftemangel im IT-Bereich, der sich aber anschließend umso deutlicher bemerkbar gemacht hat, nur überschattet“, fasst Dr. Manuel Iserloh, Geschäftsführer POLAVIS, die Hürden der ersten vier KHZG-Jahre zusammen. „Ganz aktuell ergab eine Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger, dass mehr als zwei Drittel der Kliniken und Krankenhäuser mit Verlusten rechnen und bei vielen Häusern zudem die finanzielle Liquidität gefährdet ist. Das sind keine guten Voraussetzungen für den Aufbau von IT- und Projekt-Kapazitäten und für umfangreiche Investitionen.“
Versorger, die keinen Antrag gestellt oder keine Förderung bewilligt bekommen haben, sind jedoch nicht automatisch von der Digitalisierung abgeschnitten. „Das intensive Ausschreibungsgeschehen hat dazu geführt, dass sich die Kriterien aus den Katalogen des Zukunftsgesetzes immer klarer in Anforderungen formulieren lassen,“ zieht Tabitha Wruck, Leiterin der Abteilung Kundenprojekte bei POLAVIS, ein Fazit zum Branchengeschehen. „Sofern keine Mittel vorliegen, muss das Zielbild ja nicht die vollumfängliche Abbildung eines Tatbestands sein, sondern ein passgenaues Abwägen: Welche KANN-Kriterien sind für den einzelnen Versorger relevant und bereits heute zu projektieren? Welche können – unter Berücksichtigung der finanziellen und personellen Ausstattung – nachgelagert oder ausgelassen werden? Auch die Ausgestaltung der MUSS-Kriterien sollte sich an den tatsächlichen Anforderungen der Krankenhäuser ausrichten. Beispielsweise ist die Möglichkeit zur Orientierung eine Vorgabe im Behandlungsmanagement (zurechtfinden während des Aufenthalts). Bei großen Einrichtungen mit Campus-Gelände oder bei sehr verschachtelten, komplexen Bauten bietet eine Live-Indoor-Navigation mit Echtzeit-Lokalisierung den Patientinnen und Patienten vermutlich einen Mehrwert und sorgt für ein pünktliches Eintreffen am Behandlungsort. Für die meisten Häuser reichen jedoch aussagekräftige Lagepläne – ggf. auch detailliert auf die jeweiligen Behandlungsorte, auf Aufnahmen oder Ambulanzen – und eine Standard-Navigation zu den Standorten über die Online-Kartendienste aus; auch diese können sehr genau als Ziele mit Geokoordinaten im Patientenportal hinterlegt werden. Im Gespräch zeigen wir daher Gestaltungschancen dieser Art in den Kriterienkatalogen auf und beraten unsere Kunden, aufbauend auf unserer umfangreichen Projekterfahrung.“
Bedarfsgerechte Skalierung
Die Beratung Roland Berger unterstreicht erneut, was sich schon lange deutlich abgezeichnet hat: Das Jahr mit dem Ende der Fristen für die Beauftragung umfangreicher Digitalprojekte – wenn auf Angebote der Förderlandschaft zurückgegriffen werden soll – stellt sich als immens schwieriges für die deutschen Krankenhäuser dar. So hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bereits zum Jahresauftakt einen Insolvenz-Rekord befürchtet.
„Neben den Investitionskosten der Digitalisierungsprojekte und entsprechender Förderung auf der einen und vermeidbaren finanziellen Abschlägen auf der anderen Seite fehlt ein weiterer gewichtiger Aspekt: Die Vorteile, die ein Patientenportal für die Organisation bietet, wiegen viel auf und sollten bei den notwendigen Zukunftsentscheidungen Berücksichtigung finden“, verweist Dr. Iserloh auf erzielte Transformationserfolge. „Die Wiesbaden Business School und die Managementberatung 4C GROUP haben in einer umfangreichen Studie die Erwartungen der Versorger an das Patientenportal sehr plastisch nachgezeichnet: Klinikabläufe werden effizienter, deutliche Zeitersparnis kontert fehlende Fachkräfte und allein durch die Portalnutzung steigt die Zufriedenheit der Patienten. Transformationsvorteile, die eigenen Investitionskosten und Pönalien müssen gegeneinander aufgewogen werden.“
Als vielfach ausgezeichnetem Digitalisierungspartner gelingt es POLAVIS, passgenaue Patientenportale zu konzipieren – die Bandbreite zufriedener Kunden ist groß: vom Regionalversorger mit begrenzter Bettenanzahl bis zur Universitätsklinik und vom spezialisierten Einzelhaus hin zum großen Verbund. „Ausschlaggebend für den inhaltlichen Umfang und entsprechend für den Zeitaufwand eines Einführungsprojekts ist insbesondere der Grad der Individualisierung der Prozessabläufe zwischen und innerhalb der Fachbereiche. Kann für das gesamte Krankenhaus ein durchgehender Standard für die digitalen Pfade vereinbart werden, reduzieren sich der Abstimmungs- und Parametrisierungsaufwand im Portalprojekt“, so Tabitha Wruck. „Sicherlich ist die Harmonisierung interner Abläufe für den Versorger häufig eine Transformations- und Change-Aufgabe, aber genau dort liegen ja auch die Chancen der Digitalisierung. Werden dann zu einem späteren Zeitpunkt weitere Prozesse oder Funktionen relevant, kann das Patientenportal flexibel erweitert werden – die schlanke Lösung unter Nutzung von Best-Practices stellt dafür eine nachhaltige Basis bereit. Nebenbei profitiert die Klinik so von der Erfahrung vieler anderer Häuser, die diesen Schritt bereits abgeschlossen haben.“
Ausreichend, um Abschläge zu vermeiden
Es sind nicht nur finanzielle Herausforderungen, die den zeitlichen Druck aufbauen, auch schlichtweg fehlende personelle Ressourcen verhindern mancherorts die zügige Digitalisierung. Tabitha Wruck kennt solche Projektsituationen: „Umfang und Zeitbedarf der Portaleinführung werden auch von der Verfügbarkeit und dem digitalen Erfahrungslevel der Mitarbeitenden beeinflusst. Der bestehende Transformationsbedarf kann sehr unterschiedlich sein: Denken und arbeiten Fachbereiche schon digital, besteht eine Offenheit gegenüber neuen Arbeitsweisen, dann sind das ideale Pilot-Nutzer und spätere Fürsprecher – die Klinik kommt dann schnell durch das Projekt. Standardprozesse können bei Bedarf sogar rein durch externe Ressourcen eingerichtet werden.“
„Der Gesetzgeber hat die digitalen Potenziale im Gesundheitswesen erkannt und gute Anreize gesetzt“, ergänzt Dr. Iserloh. „Den Versorgern war das aber auch vorher durchaus bewusst und gemeinsam haben wir schon lange an einer entsprechenden Vernetzung gearbeitet. Aufgrund der engen Partnerschaften mit Kliniken und Krankenhäusern verstehen wir auch, wenn aufgrund fehlender Ressourcen zunächst schmale Lösungen ins Auge gefasst werden. Hier lassen wir die Kliniken nicht im Regen stehen und schneiden Portalprojekte so zu, dass die notwendigen Kriterien erfüllt werden, kapazitativ aufwendige und zugleich unkritische Themen aber zu späterer Zeit angegangen werden können.“