Digitaler Corona-Impfpass – Welche Standards werden sich in der EU durchsetzen

Seit dem 26.02.2021 ist es offiziell, der elektronische EU-Impfpass soll kommen. Bereits im Januar erhöhten EU-Mitgliedsstaaten den Druck auf die EU-Kommission und diskutierten über ein digital-basiertes Impfzertikfikat und dessen Datengrundlage. Spätestens im Sommer soll der Impfpass nun offiziell zur Verfügung stehen, darauf einigten sich die Regierungschefs Donnerstag Abend auf einem virtuellen EU-Gipfel. Für Konzeption und Umsetzung gab EU-Kommissionschefin von der Leyen einen Zeitrahmen von drei Monaten vor. Konkrete Aussagen über Konzeption und die technologische Basis eines staatenübergreifenden Impfpasses existieren bisher nicht. Angedacht und diskutiert werden Datenbanken zur Registrierung der Impfungen sowie individuelle QR- und IBAN-Codes für Geimpfte.

Erwartungen verhalten

Reaktionen und Erwartungen an die Umsetzung der Beschlüsse gestalten sich im öffentlichen Diskurs derweil verhalten. So wurden digitale Strategien zur Bekämpfung der Pandemie, beispielsweise in Form der Corona-Warn-Apps, bisher primär auf nationaler Ebene umgesetzt. Pläne für eine europaweite App scheiterten vornehmlich nicht am Willen der politischen Entscheidungsträger und Ländern, sondern hauptsächlich an nicht kompatiblen und interoperablen Technologien der Mitgliedsstaaten. Eine grenzüberschreitende Auswertung der Daten ist bis heute nicht möglich. Auch der Erfolg eines digitalen Impfausweises wird sich daran messen lassen müssen, ob es den Ländern gelingt ihre Technologien auf ein kompatibles Niveau zu stellen. Der Druck zur Entwicklung eines gemeinsamen Standards steigt nicht nur im Hinblick auf die anstehende Reise-Saison, sondern auch angesichts der bestehenden Konkurrenz von Big Techs aus den USA. So warnte von der Leyen explizit vor bereits stattfindenden Aktivitäten US-amerikanischer Internetgiganten zur Entwicklung von Konkurrenzprodukten und dem potenziellen Verlust europäischer Daten. Medienberichten zufolge hat die Arbeit an gemeinsamen, EU-weiten Standards bereits begonnen. So berufe sich Ursula von der Leyen insbesondere auf das gelbe Impfstoffzertifikat der WHO, mit dem bereits ein internationaler Standard zur Verfügung stehe und genutzt werden könne.

digitaler Impfpass in der Praxis

Nationale vs. internationale Standards

Bereits im Herbst letzten Jahres gab die WHO bekannt, mit der Planung eines global einheitlichen Impfpasses begonnen zu haben, der von Reisenden international genutzt werden kann. Ein erstes Pilotprojekt wurde für Estland angekündigt und startete im Oktober 2020. Getestet werden sollen mögliche technologische Grundlagen zur digitalen Erfassung und zum internationalen Datenaustausch der Gesundheitsinformationen. Estland selbst gilt dabei als digitaler Vorreiter im Kampf gegen Corona und konnte sich bereits zu Beginn der Pandemie mit einem digitalen Immunitätspass profilieren.

Auch in Deutschland ist die Einführung des eImpfpasses absehbar. So soll der digitale Impfpass ab Januar 2022 Bestandteil der elektronischen Patientenakte (ePA) oder alternativ für nicht-ePA-Nutzer via App auf dem Smartphone einsehbar sein. Erste Modellprojekte sind bereits in einigen Bundesländern wie Niedersachen, Sachsen und Thüringen angelaufen. Einer aktuellen bitkom-Umfrage zufolge würden 64% der befragten Bundesbürger die digitale Version des Impfausweises, beispielsweise via App und Smartphone, dem Papier-basierten Impfpass vorziehen und begrüßen. 84% erhoffen sich dadurch einen schnelleren Impfnachweis etwa im Hinblick auf Reisen oder Veranstaltungen. Den meisten Deutschen kommt die Einführung im Jahr 2022 allerdings zu spät und wünschten sich eine sofortige Einführung.

Auf EU-Ebene gilt es, nationale Alleingänge und Flickenteppiche, die sich bereits abzeichnen, zu verhindern. Österreich, Zypern und Griechenland haben bereits jetzt eigene Aktivitäten angekündigt. Gefragt ist ein einheitliches Konzept mit einer realistischen Umsetzung im vorgegebene Zeitrahmen, damit transnationale Lösungen noch und zeitnah zur Bekämpfung der Pandemie und zur Wiederherstellung des öffentlichen Lebens beitragen können. Nationale Lösungen müssen folglich so konzipiert werden, dass eine hohe Kompatibilität mit vorgegebenen EU-Standards gewährleistet werden kann.

Weiterführende Literatur
Zur Geopolitik von Corona-Impfstoffen in Ost-Europa:
https://ecfr.eu/article/the-geopolitics-of-covid-vaccines-in-europes-eastern-neighbourhood/
Digitale Strategien der EU während der Pandemie:
https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/coronavirus-response/digital-solutions-during-pandemic_en#data-contact-tracing-apps-and-supercomputers
Richtlinien zur Förderung der Interoperabilität von Impfbescheinigungen
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/MEX_21_283
ehealth Network:
https://ec.europa.eu/health/ehealth/policy/network_en