Digitalisierung der Dokumentation in der klinischen Versorgung im Universitätsklinikum Bonn

POLAVIS im Gespräch mit Clemens Platzköster, Geschäftsführer des Vorstandsvorsitzes des Universitätsklinikums Bonn auf dem Hauptstadtkongress für Medizin und Gesundheit 2019 in Berlin.

Lesen Sie das vollständige Interview zur Digitalisierung von klinischen Prozessen!

Optimiert man die Prozesse mit der Digitalisierung oder muss man Prozesse erst probieren sie damit die Digitalisierung zu unterstützen?

Ja in der Universitätsklinik von Bonn beschäftigen uns jetzt seit 2 Jahren ganz intensiv mit der Digitalisierung der Dokumentation in der klinischen Versorgung und wir haben in der zeit gelernt, dass es neben einer guten Projektvorbereitung, bei der man sich natürlich über viele Prozesse Gedanken macht, bei der Digitalisierung ein komplettes Prozess-Redesign notwendig ist.

Denn die Digitalisierung bietet Möglichkeiten zur Digitalisierung von Prozessen, die vorher einfach in der analogen Welt zu nicht gegeben hat. Ein Beispiel, das auf diesem Kongress auch immer wieder bemüht wird, ist die Medikation. Wenn diese vollelektronisch angeordnet wird und die Durchführung dokumentiert, so deswegen hat man ganz andere Prozessschritte als im analogen Zeitalter. Ganz andere Schnittstellen zur Apotheke zum Beispiel; das macht Sinn diese dann im Digitalisierungsprozess auch neu zu gestalten.

Denken Sie auch, dass nicht vorher durchdachte, oder schlechte Prozesse mit Digitalisierung letztendlich auch nicht verbessert? Sehen Sie dort eine mögliche Gefahr?

Ja, natürlich. Einfach schlechte Prozesse digital abbilden macht keinen Sinn. Aber wenn mit den Prozessbeteiligten, abteilungsübergreifend, nämlich als Projekt der Prozessverantwortlichen, der klinischen Berufsgruppen, dann wird im Vorfeld genau der IST-Prozess auf Schwachstellen analysiert und so gelingt es, diesen so zu optimieren. Durch die Digitalisierung und die Möglichkeiten, die es dort gibt, Anregungen holen wie man den Prozess noch effizienter gestalten kann. Dies geschieht dann immer auch zusammen mit IT-Experten, sodass es dort Nutzerrunden geben muss, zusammen mit der IT, die diese Prozessoptimierung dann digital entwickeln und umsetzen.

Möchten Sie etwas zu Ihrem Digitalisierungsprojekten in Ihrem Haus erzählen? Womit beschäftigen Sie sich momentan?

Ja, sehr gern. Wir haben 3 große Digitalisierungsprojekte. Das eine ist die elektronischen Patientenakte. Wir haben jetzt einen Stand erreicht, dass für 50% der stationären Betten, inklusive der Intensivbetreuung, voll elektronisch ausgestattet haben. Dort findet die Dokumentation, die Anordnung und die gesamte Patientenakte vollelektronisch statt. Wir sehen in den Bereichen, das macht besonders viel Freude, dass es klinischen Berufsgruppen wirklich hilft und sie sich, wenn sie dann die Einführung vollständig gelungen ist, nicht mehr vorstellen wie man denn vorher mal ohne dieses Instrument gearbeitet hat. Mit diesem Instrument der vollelektronischen Patientenakte, generiert man aber auch erst strukturierte Daten, die dann für weitere Fragestellungen bei unserem Universitätsklinikum aus Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stellen kann. Das ist ein weiteres Projekt von uns: der Aufbau einer großen Datenbank, mit der dann Datenmaterial für verschiedenste Fragestellung zur Verfügung steht. Und in aller

Kürze noch ein weiteres Projekt, das ich auch sehr wichtig finden: in der Administration, haben wir gerade gestartet die Personalverwaltung, als ersten Bereich, vollelektronisch auszugestalten. Das bedeutet, alle Prozesse digital abzubilden ohne Medienbrüche. Jetzt sind gibt diese Silo-IT, von verschiedenen Herstellern, und wir wollen dies mit einer Plattform verbinden, die vor allem den Workflow digital abbilden. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung bleibt so mehr Zeit für die Beratung der Mitarbeitenden, die Anforderungen der klinischen Institute und weniger ineffiziente Zeit für händische Workflows aufbringen müssen. Das verbunden mit einer elektronischen Personalakte, ist ein Projekt auf das wir uns sehr freuen, da wir uns damit wohl sehr viel weiter entwickeln werden. Dies ist ein handfestes Projekt aus der Digitalisierung.

Das klingt ziemlich gut. Die Daten werden also auch dort wo sie entstehen dokumentiert – wie kann ich mir dies vorstellen, bei z.B. Patientenakten?

Es ist so, dass alle klinischen Berufsgruppen mit mobilen Endgeräten ausgestattet sind. Es gibt natürlich den klassischen elektronisch bestückten Visitenwagen, aber eben auch Tablets und mobile Endgeräte, auf denen auch Medikationsanordnungen und Pflegemaßnahmen sofort dokumentiert werden können. Das ist wirklich eine Arbeitserleichterung, da man sich Wege spart und direkt am Bett beim Patienten, alle erforderlichen Informationen verfügbar hat und direkt auch dokumentieren kann.

Welche Verbesserungen würden Sie sich für die Zukunft wünschen und wofür setzen Sie sich besonders ein?

Verbesserungen: wie immer ist die Digitalisierungsstrategie eine Frage des Geldes aus unserer Betriebskostenfinanzierung ist es eigentlich nicht möglich solche Projekte zu stemmen. Wenn man daher Digitalisierung will, muss diese gegenfinanziert werden. Wir sehen, dass es viele, viele Hürden im Bereich des Datenschutzes haben und hier wäre Rechtssicherheit vor allem für uns wichtig, um zu wissen in wie weit wir dort unsere Strukturen aufbauen können. Um auch zum Thema Datenhaltung rechtskonform zu arbeiten. Meiner Erfahrung nach, wenn man über das Thema Digitalisierung und die Umsetzung spricht, ist meine Erkenntnis: einfach anfangen, gut überlegene und gut planen und den Schritt wirklich wagen und die Projekte angehen.