Status-Quo und Prioritäten im KHZG-Antragsprozess

Die Fristen für die ersten Schritte im KHZG-Beantragungsprozess sind bereits in einigen Bundesländern abgelaufen. Trotz des hohen Investitionsvolumens und des immensen Zeitdrucks sind bisher jedoch deutlich weniger Anträge in den Landesämtern eingegangen als erwartet. Auch die Qualität der Anträge ließe bisher zu wünschen übrig. Vertreter unterschiedliche Trägertypen haben am 14.04.2021 auf dem HSK Digital darüber diskutiert, vor welchen Herausforderungen die Häuser im KHZG-Beantragungsprozess stehen. Wie sieht die Prioritätensetzung aus? Welche Faktoren sind ausschlaggebend für die Digitalisierungsstrategie?

Quantität und Qualität der Anträge bisher mangelhaft

Der Druck und die Komplexität vor denen Kliniken und Träger im Entscheidungs-und Beantragungsprozess stehen, ist gewaltig. Noch vor dem eigentlichen Schritt der Antragsstellung müssen die Häuser binnen kürzester Zeit zunächst ihren digitalen Reifegrad identifizieren und eine Entscheidung darüber treffen, wie die hochdimensionierten Fördermittel bestmöglich genutzt und in die hausinterne Infrastruktur integriert werden können. Erwartungen über hohe Antragszahlen sind bisher nicht eingetreten. Insbesondere kleinere Häuser und Kliniken außerhalb der Universitätsmedizin haben bislang wenig Erfahrung im Hinblick auf die Einsatzplanung und -ausformulierung. Ressourcen in der IT waren in den letzten Jahren spärlich vorhanden, ein großer Investitionsstau muss aufgelöst werden. Dennoch haben kleinere Träger den Vorteil, schneller in ihre Organisationsstruktur eingreifen und diese anpassen zu können, so Lippmann vom Klinikum Weilheim-Schongau. So werden die Förderungen für Digitalisierungsprojekte in dem kleinen kommunalen Träger vor allem genutzt, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen, Die Qualität der Versorgung im ländlichen Raum anzuheben und die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern.

Die Gesundheit Nord gGmbH als regionaler Träger mit hohem Sanierungsdruck, nutzt die KHZG-Förderungen und neue IT-Projekte, um die Sanierungsmaßnahmen zu begleiten und zu unterstützen. Im Vordergrund stehen dabei nicht nur die Verbesserung der internen Kommunikation, sondern die Optimierung von Prozessen der Aufnahme, Behandlung, Entlassung und Dokumentation im Rahmen des Patientenmanagements, so Dr. Dorothea Dreizehnter, Vorsitzende Geschäftsführung und Geschäftsführerin Medizin der Gesundheit Nord gGmbH.

Prioritaeten im KHZG Antragsprozess

Verbesserte Behandlungsqualität und Patienten im Fokus

Auch die Charité als Vertreter der Universitätsmedizin nutzt die Förderungen primär zur Optimierung des Patientenmanagements und legt ihre Prioritäten u.a. auf den Einsatz von digitalen Patientenportalen. Eine umfangreiche, interne Bestandsaufnahme im Vorfeld der Prioritätensetzung zeigte, dass die bisherige vorhandene IT-Infrastruktur bisher kaum in der Lage ist, allen geforderten MUSS-Kriterien zu entsprechen, so Dr. Peter Gocke, Chief Digital Officer der Charité. Eine Analyse die zeigt, dass der Handlungsdruck nicht nur auf Seiten der kleinen, kommunalen Häuser, sondern auch auf Seiten der Universitätsmedizin hoch ist.

Im Kontext der Identifizierung von geeigneten Digitalprojekten besteht für Gocke die eigentliche Herausforderung in einem gelungenen Changemanagement. Für eine zielgerichtete Digitalisierung bedarf es einer interdisziplinären Erarbeitung von Prozessen und Schnittstellen, beispielsweise in Form von Fokusgruppen und Workshops. Darüber hinaus müssen für ein optimales Prozessdesign weitere Förderungen und Projekte, wie beispielswese die TI, zwingend von Anfang an mitgedacht werden, nicht zuletzt aufgrund der Schnittstellen zum KHZG.

Gocke betont darüber hinaus, dass die Bedeutung der TI stetig zunehmen werde und in Kombination mit weiteren Förderinitiativen wie dem KHZG zu einer flächendeckenden, intersektoralen Vernetzung zu Gunsten des Patienten führen könne. Denn das primäre Ziel sei nicht die Digitalisierung, sondern eine verbesserte Medizin und Behandlungsqualität. Nicht zuletzt könne diese Entwicklung in einem größeren Kontext dazu beitragen, das deutsche Gesundheitswesen in den internationalen Rankings nach oben zu schieben.

Dass der Fokus auf Patientenbedürfnisse und die Umsetzung von patientenzentrierten Lösungen zukünftig zu den zentralen Prioritäten der Häuser zählen sollten, verdeutlichen auch die abgeleiteten Zukunftsszenarien des Health Report 2022. Demnach zeigen die aktuellen Entwicklungen, dass es den Kliniken nicht nur an Intensivkapazitäten mangelt, sondern vor allem auch an Personal, Zeit und Aufmerksamkeit, die Patienten gegenüber gebracht werden kann. Gleichzeitig steigt auf Seiten der Bevölkerung und Patienten der Wunsch nach mehr Selbstwirksamkeit, individueller Betreuung und Gemeinschaft sowie Nachhaltigkeit. Die Akzeptanz gegenüber digitalen Medizinprodukten und -angeboten ist so hoch wie nie. Träger müssen sich in diesem Kontext neu definieren und positionieren, um den veränderten Entwicklungen und Bedürfnissen gerecht zu werden.

Das Krankenhaus der Zukunft – 4 Szenarien

Zukunftsszenarien digitales Krankenhaus

Quelle: Zukunftsinstitut, Health Report 2022

Unabhängig davon, welche Megatrends sich zukünftig in der Kliniklandschaft und in der Patientenversorgung durchsetzen werden, bildet der Einsatz von digitalen Produkten und Angeboten in jedem Szenario ein wichtiges Kernelement für stärker individualisierte, gemeinschaftsorientierte, moderne und nachhaltige Versorgungsformen. Somit können auch die aktuellen Förderungen und Initiativen des Gesetzgebers als ein Auftakt zur Modernisierung wahrgenommen werden und eine Brücke schlagen zwischen der Lösung von akuten, strukturellen Problemen und langfristiger Stärkung der Patientensouveränität und Markenattraktivität.